Definition: Winkel und Dreiecke

Winkel

Das typische Lehrbuch der Geometrie beginnt mit der Erklärung der Begriffe Punkt, Gerade, Strahl und Strecke, und der Definition ihrer Eigenschaften. Das schenke ich mir hier. Das folgende Kapitel des Lehr­buchs beschäftigt sich dann mit dem Winkel.

Skizze0

Zwei von einem Punkt ausgehende Strah­len bilden einen Winkel. Die beiden Strah­len werden Schenkel genannt, der gemeinsame Punkt A der beiden Strahlen heißt Scheitel des Winkels. Winkel werden mit kleinen grie­chi­schen Buch­sta­ben sym­bo­li­siert, oder man bezeichnet einen Winkel mit drei Buch­sta­ben ∠BAC, wobei der mittlere Buch­stabe den Scheitel des Winkels angibt. Winkel werden in (Bogen-)Grad (Symbol: °) gemessen, wobei der Vollkreis in 360° geteilt ist.

Nach der Anzahl Grad, die der Winkel einschließt, unterscheidet man:

Skizze1
spitzer Winkel, α < 90°
Skizze2
rechter Winkel, α = 90°
Skizze3
stumpfer Winkel, α > 90°
Skizze4
gestreckter Winkel, α = 180°
Skizze5
überstumpfer Winkel, α > 180°
Skizze6
Vollwinkel, α = 360°

Supplementwinkel, Nebenwinkel, Scheitelwinkel

Skizze7

Zwei Winkel, die den Scheitel und einen Schenkel gemeinsam haben und deren Summe 180° beträgt, heißen Supplementwinkel (Er­gän­zungs­winkel). Es gilt: α + β = 180°

Skizze8

Zwei Winkel, die den Scheitel und einen Schenkel gemeinsam haben und deren Summe 90° beträgt, heißen Nebenwinkel oder komplementäre Winkel. Es gilt: α + β = 90°

Skizze9

Durch die Verlängerung beider Schenkel eines Winkels über den Scheitel hinaus entstehen vier Winkel. Die beiden Verlängerungen schließen den Scheitelwinkel von α ein. Gegenüberliegende Scheitelwinkel sind gleich. Es gilt: α + β = 180°


Winkel an Parallelen

Skizze10

Zwei Geraden in einer Ebene, die sich nicht schneiden, heißen Parallelen. Werden zwei Parallelen von einer dritten Geraden geschnitten, so sind:

Dieses Gesetz nutzte Eratosthenes (um 273-um 194 v. Chr.) um den Erddurchmesser zu bestimmen.


Winkel, deren Schenkel aufeinander senkrecht stehen

Skizze11

Stehen die Schenkel zweier Winkel paarweise senkrecht aufeinander, so:

  1. sind die Winkel α und φ gleich, wenn die Scheitel außerhalb der Winkelräume des jeweils anderen Winkels liegen.
Skizze
  1. ist die Summe der Winkel α und φ gleich 180°, wenn die Scheitel der Winkel innerhalb des Winkelraumes des jeweils anderen Winkels liegen.

Dreiecke

Unter den Formen von geometrischen Figuren nimmt das Dreieck eine herausragende Stellung ein. Die Beschäftigung mit dem Dreieck ist sehr alt — in der Mathematik und in der Mystik. Fast alle Probleme der Berechnung in der Ebene lassen sich durch geschickte Wahl von Dreiecken lösen, weil man jedes n-Eck (n > 3) in mehrere Dreiecke zerlegen kann. Der Satz des Pythagoras:

scheint wesentlich älter als sein Namensgeber zu sein. Pythagoras hat diese Beziehung vermutlich bereits in Ägypten kennen gelernt. Nach einem in Kahun in Ägypten gefundenen Papyrus war die Beziehung 32 + 42 = 52 bereits 4.000 v. Chr. bekannt.

Die Ägypter haben mit solchen Zahlentripeln rechte Winkel, z. B. an der Pyramidenbasis, konstruiert. Sie brauchten nur ein Seil mit Knoten im Abstand der "magischen" Zahlen, das sie zwischen den Knoten staff spannten. Die Pyramidenseiten konnten sie mit dem "Indischen Kreis" nach einer Himmelsrichtung aus­rich­ten.

Auch dem Navigator ist das Dreieck vertraut: bei der Abstandsmessung durch Versegelung, das Strom­dreieck zur Bestimmung der Kursversetzung, bei der Peilung zur Bestimmung des Schiffsortes.

Die mathematische Definition des Dreiecks lautet:

Ein Dreieck hat drei Ecken A, B, und C, drei Seiten a, b und c und drei Winkel α, β und γ. Dabei hat die einer Ecke gegenüberliegende Seite den gleichen Kleinbuchstaben, der Winkel an der Ecke den ent­spre­chen­den kleinen griechischen Buchstaben. Die Summe der Innenwinkel beträgt 180°. Die drei Eckpunkte eines Dreiecks definieren eine Ebene (deshalb wackelt ein dreibeiniger Tisch nicht).

Dreiecksarten


spitzwinkliges Dreieck stumpfwinkliges Dreieck rechtwinkliges Dreieck
spitzwinkliges Dreieck
alle Seiten sind ungleich lang (a ≠ b ≠ c), alle Winkel sind ungleich und α, β, γ sind < 90°
stumpfwinkliges Dreieck
alle Seiten sind ungleich lang (a ≠ b ≠ c), ein Winkel α ist > 90°
rechtwinkliges Dreieck
alle Seiten sind ungleich lang (a ≠ b ≠ c), ein Winkel γ = 90°

gleichschenkliges Dreieck gleichschenklig-rechtwinkliges Dreieck gleichseitiges Dreieck
gleichschenkliges Dreieck
zwei Seiten sind gleich lang (a = b), zwei Winkel α = β sind gleich
gleichschenklig-rechtwinkliges Dreieck
zwei Seiten sind gleich lang (a = b), ein Winkel γ = 90°, die beiden anderen α = β = 45°
gleichseitiges Dreieck
alle Seiten sind gleich lang (a = b = c), alle Winkel α = β = γ = 60°

Ähnlichkeitssätze im Dreieck

Das Ähnlichkeitskriterium von Dreiecken ist von herausragender Bedeutung für die Berechnung unübersichtlicher Zusammenhänge, die sich auf Dreiecke zurückführen lassen. In ähnlichen Dreiecken sind nämlich die Verhältnisse von Seitenlängen gleich. Archimedes verwendet diese Argumentation in seiner Bestimmung der Zahl π.

Zwei Dreiecke sind ähnlich, wenn sie

übereinstimmen.
(siehe auch: Grundprobleme im schiefwinkligen Dreieck).)

Der Umkreis des Dreiecks

Umkreis Jedes Dreieck hat einen Umkreis (blau), auf dem die Ecken liegen. (Auch der Kreis definiert eine Ebene.) Die Seiten des Dreiecks sind Sehnen des Umkreises (Sehnendreieck).

Den Mittelpunkt M des Umkreises findet man als Schnittpunkt der Mit­tel­senk­rech­ten (rot) der Dreiecksseiten. Im spitzwinkligen Dreieck liegt der Mit­tel­punkt des Umkreises innerhalb des Dreiecks, bei stumpfwinkligen liegt er außerhalb, und bei rechtwinkligen Dreiecken liegt er auf der Hy­po­the­nuse (Kreis des Thales). Die Hypothenuse des recht­wink­ligen Drei­ecks ist ein Durchmesser des Umkreises.

Beispiele für die Anwendung der Sätze des Euklid über Kreis und Gerade in den Navi­ga­tions­auf­gaben sind die Ortsbestimmungen durch Kreuzpeilung und durch zwei Horizontalwinkel.


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