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zuletzt geändert am 10.02.2015

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Ortsbestimmungen

Für eine sichere Fahrt muss man — wenigstens gelegentlich — seinen genauen Standort kennen. Dazu hat der Navigator folgende Möglichkeiten:

Weitere Standlinien findet er mit der Entfernungsbestimmung.

Die Kreuzpeilung

Kreuzpeilung 1 In der Sichtweite einer Küste bestimmt man den Schiffsort durch Kreuzpeilung von zwei Objekten A und B an Land, und trägt die Stand­linien in die Karte ein. Der Schnittpunkt der beiden Linien ist der Schiffsort O.

Man kann den Schiffsort O aber auch berechnen, wenn man zusätzlich zu den beiden rechtweisenden Peilwinkeln pA und pB auch die (Luftlinien-) Entfernung von A und B und die recht­wei­sende Richtung ρ ihrer Verbindungslinie (aus der Karte) kennt. Oder die Positionen von A (λA, φA) und B (λB, φB) sind bekannt, z. B. aus einem Küstenhandbuch. Dann kann man einfach und schnell mit dem Rechenschieber die Entfernung und die Richtung nach der Methode der mittleren Breite berechnen.

Der Schiffsort O muss auf einem Kreis mit AB als Sehne liegen. Nach dem Sehnensatz gilt für den Radius r des Umkreises: r = ½ · (AB ⁄ sin γ). Dabei ist γ = pA - pB.

Kreuzpeilung 2 Mit ein paar Überlegungen zu "Winkeln an Parallelen" können wir den Winkel α bestimmen: α = ρ + (180° - pA). Damit ist auch der Winkel β bekannt, denn die Summe der Innenwinkel im Dreieck beträgt 180°: β = 180° - α - γ.

Nun ist es möglich, die Längen der Dreiecksseiten AO und BO mit Hilfe des Sehnensatzes zu berechnen. Da uns aber die Position O interessiert, d. h. Δλ und Δφ relativ zur Position eines der gepeilten Objekte A oder B, brauchen wir nur den Abstand AO zu be­rech­nen: AO = 2 · r · sin β. Denn AO ist die Hypothenuse im recht­wink­ligen Dreieck A'AO, und wir erhalten:

  • Δλ = AO · sin (180° - pA) = AO · sin pA
  • Δφ = AO · cos (180° - pA) = AO · (- cos pA)

Beispielrechnung

Ein Segelboot vor der kroatischen Küste peilt das Leuchtfeuer Rt Kalifront unter rwKP = 95° und gleich­zeitig das Leuchtfeuer Rt Sorinj unter rwSP = 55° (beide auf der auf der Insel Rab). Welche Position hat es?.

  • Rt Kalifront, Fl. (3), 10s; φ = 44° 47,392′ N, λ = 014° 39,315′ E
  • Rt Sorinj, Fl. 3 s.; φ = 44° 50,675′ N, λ = 014° 40,751′ E

Kreuzpeilung 3
(Unter Verwendung von Open Sea Map und List of Lights.)
Hinweis: OpenSeaMap zeigt zwar ein Koordinatengitter auf den Karten an, das ist aber nicht das der Mercator-Projektion. Vielmehr werden GPS-Punkte auf das WGS84-Ellipsoid projiziert und wie Landkarten (OpenStreetMap) dargestellt.
Das Mercator-Gitter wurde daher konstruiert, und die Karte wurde dann durch Verzerren angepaßt.

Kreuzpeilung 5 Zunächst berechnen wir die Richtung und die Entfernung der beiden Leuchtfeuer A (Rt Kalifront) und B (Rt Sorinj) nach der Methode der mittleren Breite:

  • φm = (44,7899° + 44,8446°) ⁄ 2 = 44,8172°
  • Δφ = 3,2830
  • Δλ′ = (14,6792° - 14,6553) ·cos 44,8172 = 1,4360′ · 0,7094 = 1,0186
  • tan ρ = 1,0186′ ⁄ 3,2830′ = 0,3103 ⇒ 17,2379°
  • c = Δλ′ ⁄ sin ρ = 1,0186′ ⁄ 0,2963 = 3,4376
Die beiden Leuchtfeuer sind also 3,44 sm von einander entfernt mit der rechtweisenden Richtung ρ = 17,2°. (Der Winkel ρ ist gleich der rw Richtung, da sie gegenüberliegende Scheitelwinkel sind.)

Als nächstes berechnen wir den Radius r des Umkreises und den Dreieckswinkel α bei Kalifront:

  • r = ½ · 3,4374′ ⁄ sin 40° = 2,6738′.
  • α = 17,23° + (180° - 95°) = 102,2379° (er ist stumpf!).
Nun kennen wir auch den Winkel β bei Sorinj und die Entfernung b von Schiffsort nach Kalifront:
  • β = 180° - α - γ = 180° - 102,2379° - 40° = 37,7621°.
  • b = 2 · 2,6738′ · sin 37,7621° = 3,2748
Den Winkel β kann man auch unabhängig von den Innenwinkeln mit den rw-Richtungen bestimmen: β = (180° - pB + (180° - ρ) = pB - ρ = 55° - 17,2° = 37,8°.

Kreuzpeilung 4 Es bleibt Δλ und Δφ in einem rechtwinkligen Dreieck (z. B. im gelben) zu berechnen. Im gelben rechtwinkligen Dreieck kennen wir den Winkel pB, die Hypothenuse a können wir nach dem Sehnensatz berechnen:

  • OS = a = 2 · r · sin α = 2 · 2,6738′ · sin 102,2379° = 5,2261′.
Nun ist mit der Definition des Sinus und des Cosinus:
  • ΔφS = 5,2261′ · cos 55° = 2,9976
  • Die Breite des Schiffsorts O liegt also 3,04′ südlich von Rt Sorinj: φO = 44° 47,67.
  • ΔλS = 5,2261′ · sin 55° = 4,2760
  • Die Länge des Schiffsortes liegt also 4,28′ westlich von Rt Sorinj: λO = 014° 36,5′.
Die Zwischenergebnisse sind auf vier Nachkommastellen angegeben, wie man mit dem Taschenrechner rechnen würde. Der Ort stimmt mit dem durch Zeichnen auf der Karte ermittelten gut überein. Wenn man aber — zur Sicherheit — einen dritten Ort peilt (hier mit rwP = 176° den Leuchtturm Trstenik), gibt es drei Schnittpunkte der Peillinien. Irgendwo im resultierenden Dreieck mit ½ Seemeile Seitenlänge liegt dann der durch Peilung bestimmte Ort. Als vierte Standlinie kann dann der Umkreis über der Sehne dienen, was die Entscheidung über die Position erleichtern sollte.

Hübsch einfach mit dem Rechenschieber, gell?

Zur Überprüfung der Rechengenauigkeit — und zur Übung — berechnen wir die Position relativ zu Kalifront im roten Dreieck. Der Winkel μ bei O ergänzt die Peilung pA von K zu 180°: μ = 180° - pA = 85°, der Winkel ϑ bei K ist: ϑ = 90° - μ = 5°. Die Hypothenuse b im roten Dreieck ist oben schon berechnet worden: b = 3,2748

  • ΔφK = b · cos μ = 3,2748 · cos 85° = 0,2854
  • Die Breite des Schiffsortes φO liegt 0,2854′ nördlich von Rt Kalifront: φO = 44° 47,67′
  • Δλ · = b · sin 85° = 3,2625
  • Die Länge des Schiffsortes λO liegt 3,26′ westlich von Rt Kalifort: λO = 014° 36,0′
Die bezüglich Rt Kalifort berechnete Länge des Schiffsortes weicht um 0,5 sm von von der relativ zu Rt Sorinj ab. Vermutlich handelt es sich um Rundungsfehler des Sinus nahe 90°. Zum Segeln reicht die Genauigkeit aber aus.

Der Ort, von dem man die Leuchtfeuer von Kalifront und Sorinj unter 95° bzw. 55° peilt, liegt also auf der Position: 44° 48′ N, 014° 34,6′E

Zur Überprüfung der Rechengenauigkeit — und zur Übung — berechnen wir die Position relativ zu Sorinj.

  • α = 102,3° (s. o.)
  • a = 2 · 5,38′ · sin 102,3° = 10,5′

  • Δλ = 10,5′ · sin (90° - β) · cos 44,81° = 5,8′
  • Δφ = 10,5′ · cos (90° - β) = -6,5′ 

  • λO = 014° 40,751′ - 5,8′ = 014° 34,9′
  • φO = 44° 50,7′ - 6,5′ = 44° 48,5′

Auch wenn man die Konstruktion des Schiffsortes aus den Peillinien in der Karte bevorzugt — weil man keinen Rechenschieber dabei hat, empfehle ich, den Standlinienkreis in die Karte einzuzeichnen. Das gibt zusätzliche Sicherheit und gibt einen Hinweis auf den Fehler, den man macht. Die Berechnung des Umkreisradius ist unter Horizontalwinkelpeilung erläutert.


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