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zuletzt geändert am 22.10.2019

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Das schiefwinklige Dreieck

Wer mit den Sätzen im rechtwinkligen Dreieck vertraut ist, wird hier die gewisse Verständlichkeit vermissen. Die Sätze im schiefwinkligen (allgemeinen) Dreieck sind formale Ab­lei­tun­gen, wobei virtuos mit den Ad­di­tions­theo­remen der Winkelfunktionen umgegangen wird. Die meisten hier vorgestellten Ableitungen stam­men aus dem 17. Jahrhundert, und die Gleichungen sind für die Berechnung mit Logarithmentafeln op­ti­miert — das kommt dem Rechenschieberrechner sehr gelegen! Die hier angeführte Form des Tan­gens­sat­zes wird auch "Napiersche Gleichung" genannt; sie ist speziell auf die Berechnung mit Logarithmen kon­zi­piert.

Skizze Ein spitzwinkliges Dreieck kann man durch Fällen des Lotes von einer Ecke auf die gegenüberliegende Seite c in zwei rechtwinklige teilen. Dieses Lot heißt Höhe hc des Dreiecks.

Mit der Definition der Winkelfunktionen kann man die drei Höhen ha, b, c als Funktion einer Seite und eines Winkels beschreiben.

  • hc = a · sin β = b · sin α,
    und analog
    ha = c · sin β = b · sin γ,
    hb = a · sin γ = c · sin α.

Der Sinussatz

Die Höhe hc gehört ja zu zwei Dreiecken mit den Winkeln α und β:

  • hc = a · sin β
    hc = b · sin α.

Dividieren wir beide Seiten der Gleichung durch  sin α · sin β, so erhalten wir nach Kürzen:

  • a ⁄ sin α = b ⁄ sin β.

Die gleiche Überlegung für die anderen beiden Höhen führt zum Sinussatz:

  • Formel

Die Seiten eines schiefwinkligen Dreiecks verhalten sich wie die Sinuswerte der den Seiten gegenüberliegenden Winkel.

Durch Umformen erhält man die drei Formeln:

  • Formel

Das Verhältnis zweier Dreiecksseiten ist gleich dem Verhältnis der Sinusfunktionen der gegenüberliegenden Winkel.

Eine der beiden Formen des Sinussatz sollte man sich für die weiteren Seiten merken. Für den Navigator (vorallem den, mit dem Rechenschieber) ist die erste Formel wichtig.

Eine andere Möglichkeit, den Sinussatz herzuleiten ist der Sehnensatz. Die wird verwendet bei der Schiffsortberechnung aus der Kreuzpeilung und mit der Horizontalwinkelpeilung.

Der Cosinussatz

Die Höhe hc teilt die Seite c des Dreiecks in eine Strecke p und eine Strecke q, wobei p die Projektion der Seite b auf die Seite c ist.

Skizze Für p gilt daher:

  • p = b · cos α.
  • Analog ist
  • q = a · cos β.

In den beiden, durch die Höhe hc gebildeten rechtwinkligen Dreiecken gilt daher:

  • hc2 = b2 - (b · cos α)2 = a2 - (a · cos β)2.
  • Durch Ausmultiplizieren und auflösen nach a2 erhält man:
  • a2 = b2 + c2 - 2·b · c· cos α.

Mit der gleichen Überlegung für die anderen Höhen erhält man die Gleichungen:

  • b2 = c2 + a2 - 2· c · a · cos β,
  • c2 = a2 + b2 - 2· a · b · cos γ.

Das Quadrat einer Dreiecksseite ist gleich der Summe der Quadrate der beiden anderen Seiten, vermindert um das doppelte Produkt aus diesen Seiten und dem Cosinus des Zwischenwinkels.

Da die Formeln für die Berechnung mit Logarithmen unhandlich sind, kann man sie umformen:

  1. a2 = b2 + 2 · b · c + c2 - 2 · b · c - 2 · b · c · cos α = (b + c)2 - 2 · b · c ·(1 + cos α) =
    (b + c)2 - 4 · b · c · cos2 ½ · α; (mit 1 + cos α = 2 · cos2 ½ · α)
  2. a2 = b2 - 2 · b · c + c2 + 2 · b · c - 2 · b · c · cos α = (b - c)2 + 2 · b · c ·(1 - cos α) =
    = (b - c)2 + 4 · b · c · sin2 ½ · α; (mit 1 - cos α = 2 · sin2 ½ · α)

Der Tangenssatz

Der Tangenssatz leitet sich mit ein paar trickreichen arithmetischen Umformungen aus dem Sinussatz ab. Man addiert bzw. subtrahiert auf beiden Seiten der Gleichung eine 1 und formt um:

  • Formel
Dann dividiert man die beiden Gleichungen (die mit + und die mit -) durcheinander:
  • Formel
und wendet die Additionstheoreme für Winkelfunktionen an:
  • Formel

Der Tangenssatz setzt die Tangensfunktionen der halben Winkelsumme bzw. -differenz ins Verhältnis zu der Summe bzw. Differenz der jeweils gegenüberliegenden Seiten.

Da der dritte Winkel, γ, die Summe α + β zu 180° ergänzt, kann man schreiben:

  • Formel.
Und da (tan α)-1 = cot α kann man auch schreiben:
  • (a + b) ⁄ (a - b) = cot ½·γ · cot ½·(α - β).
Damit sind alle drei Winkel mit zwei Seiten in Beziehung gebracht. Die letzte Gleichung wird in der Form:
  • Formel
zur Berechnung des schiefwinkligen Dreiecks benutzt.

Der Cotangenssatz

Da die Formeln des Cosinussatzes nicht gut für die Rechnung geeignet sind, werden die Gleichungen — wie beim Tangenssatz — umgeformt. Die drei Gleichungen

  1. a2 = b2 + c2 - 2 · b · c· cos α,
  2. b2 = c2 + a2 - 2· c · a · cos β,
  3. c2 = a2 + b2 - 2· a · b · cos γ,
werden nach den Cosinussen der Winkel aufgelöst.

Zunächst ergänzt man die rechte Seite der ersten Gleichung mit 0 = 2 · b · c - 2 · b · c  und stellt die Glieder um:
a2 = b2 + c2 - 2 · b · c - (2 · b · c · cos α + 2 · b · c ).

Nun erkennt man, dass (b - c)2 = b2 + c2 - 2 · b · c und dass
2 · b · c · cos α + 2 · b · c = 2 · b · c · (1 + cos α).

Aus den Formeln der Funktionen halber Winkel weiß man, dass 1 + cos α = 2 · cos2(α ⁄ 2). Das substituiert man in der vorstehenden Formel.

Andererseits kann man die ergänzte Formel auch so zusammenfassen, dass sich ergibt:
a2 = (b - c)2 - 2 · b · c · (1 - cos α). Hier substituiert man 1 - cos α = 2 · sin2(α ⁄ 2).

Die beiden Formeln werden nach cos2(α ⁄ 2) bzw. sin2(α ⁄ 2) aufgelöst und jeweils die Wurzel gezogen
Formel

Zur Vereinfachung der Formeln setzte man willkürlich s = a + b + c:
Formel
und dividiert beide (cos α ⁄ sin α = cot α):
Formel
Wunderbarer Weise erkennt man in dem rechten Wurzelausdruck den Kehrwert der Formel für den Inkreisradius ρ wieder. Und nun werden die Formeln wirklich einfach und leicht zu merken.

  • Formel
  • Formel
  • Formel
Da auf der rechten Seite der Gleichungen nur Konstanten für ein gegebenes Dreieck stehen (und man die einzige Differenz einfach berechnen kann), sind diese Formeln vorzüglich für die Logarithmentafel und den Rechenschieber geeignet.

Der Halbwinkelsatz

Nach dem gleichen Formalismus, mit dem wir den Cotangenssatz hergeleitet haben, kann man auch auf den Tangens der halben Winkelargumente kommen. Man dividiert andersherum (sin α ⁄ cos α = tan α) und erhält:
Formel
und analog für die anderen Winkel und Seiten.

Sätze über Winkel und Seiten im Dreieck

Diese sechs Sätze über Winkel im Dreieck werden uns auch ständig bei der Analyse der Na­vi­ga­tions­auf­gaben begleiten.

Die Summe der Innenwinkel im Dreieck beträgt 180°. Skizze

  • αi + βi + γi = 180°
die Summe der Außenwinkel des Dreiecks beträgt 360°.
  • αa + βa + γa = 360°

Skizze Ein Außenwinkel des Dreiecks ist gleich der Summe der nicht anliegenden Innenwinkel.

  1. Die Summe zweier Dreiecksseiten ist größer als die dritte Seite.
  2. Die Differenz zweier Dreiecksseiten ist kleiner als die dritte Seite.
  3. In jedem Dreieck liegt die größte Seite dem größten Winkel ge­gen­über.

Der Höhensatz im allgemeinen Dreieck (Projektionssatz)

Skizze In einem beliebigen Dreieck sind die Rechtecke, die aus einer Seite und der orthogonalen Projektion der anderen gebildet werden, flächengleich.

  • c · pc = b · pb

Den Höhensatz kann man im allgemeinen, schiefwinkligen Dreieck formulieren. Er ist die Verallgemeinerung des Satzes des Euklids für das rechtwinklige Dreieck. (Systematisch passt er daher zu den hier aufgeführten Sätzen.)

Eine andere Formulierung:

  • c = pc + qc = a · cos β + b · cos α
Hieraus ergibt sich der Cosinussatz.


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