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Erscheinungen beim Zusammentreffen mehrerer Affinitäten.

Kommen mehr als zwei Stoffe miteinander in Berührung, so können mehrere Affinitäten zugleich statt finden, welche bald alle, bald nur zum Theil befriedigt werden.

  1. Collision der Affinitäten gewichtiger Stoffe mit den Affinitäten ungewichtiger Stoffe.
    Sind zwei ponderable Stoffe a und b einander verbunden, so kann ein mit einer gewissen Intensität hinzukommender imponderabler Stoff sich mit b zu einem neuen Ganzen verbinden, und a abscheiden. Trennung des Goldoxyds in Salz und Wasserdampf durch Licht; Trennung des Salzwassers in Salz und Wasserdampf durch Wärme. Oder es treten zu der Verbindung a b zwei imponderable Stoffe, von denen sich der eine mit a, der andere mit b vereinigt. So kann man wenigsten die Zerlegung des Wassers in Sauerstoffgas und Wasserstoffgas durch die Einwirkung der beiden Electricitäten erklären.
    Die durch Wärme hervorgebrachte Trennung der ponderablen Stoffe werden häufig aus ihrer verschieden großen Elasticität, Neigung zum elastisch flüssigen Zustand erklärt. Diese ist aber mit anderen Worten ihrer verschieden großen Affinität gegen die Wärme, da alle elastische Flüssigkeiten aus Wärme und einem wägbaren Stoffe zusammengesetzt sind.
    Man wirkt der trennenden Einwirkung der Wärme entgegen a) durch Vermischung ihrer Intensität, durch Erkältung und b) durch Vermehrung des äußeren Drucks, indem dieser die Bildung einer elastischen Flüssigkeit bis zu einem gewissen Grade hindert.
    Wasser nimmt in der Kälte und bei künstlichem Drucke am meisten von den verschiedenen Gasarten, wie Kohlensäure auf; es verliert sie fast gänzlich durch Siedhitze und wieder unter der Luftpumpe.
  2. Collision der Affinitäten bloß gewichtiger Stoffe untereinander.
    Hierbei ist zu beachten: a) die Menge der in Concurs kommenden Stoffe. b) Die Menge der Affinitäten, welche dabei ins Spiel kommen. C) Der Erfolg des Affinitätsconflicts.
    1. Es sind 3 Stoffe a, b, c vorhanden.
      Die mögliche Menge von Affinitäten ist 1 bis 5, nämlich a zu b, a zu c, c zu b, ab zu c, ac zu b, bc zu a.
      Der Erfolg ist zweifach:
      1. a vereinigt sich mit b unter Ausschluß von c.
        Einfache Wahlverwandtschaft, attraction electiva simplex. Kalk, Salzsäure und Kohlensäure; Schwefel, Eisen und Quecksilber; Weingeist, Wasser und Harz.
      2. Alle 3 Stoffe vereinigen sich zu einem Ganzen.
        Zusammensetzende Verwandtschaft, affinitas compositionis; diese heißt noch affinitas approximans, wenn nur 2 Affinitäten zwischen den einfachen Körpern statt finden, producta, wenn zwischen den einfachen Körpern nur eine einzige Affinität besteht. -
        Schwefelsäure, Natron und Wasser bilden krystallisirtes Glaubersalz; Quecksilber wird durch seine Verbindung mit Salpetersäure im Wasser auflöslich (aff. Approximans); - Stickstoff und Kohlenstoff, welche für sich mit Kalium nicht verbindbar sind, geben gemeinschaftlich eine Verbindung mit ihm ein (aff. Producta).
    2. Es sind 4 Stoffe a, b, c, d vorhanden.
      Die Zahl der Affinitäten, welche zwischen 4 Stoffen und ihren Verbindungen satt finden können, beträgt 1 bis 23; nämlich:: a:b, a:c, a:d, b:cb: b:d, c:d, ab:c, ab:d, ac:b, ac:d, ad:b, ad:c, bc:a, bc:d, cd:a, cd:b; ab:cd, ac:bd, ad:bc; abc:d, acd:b, abd:c, bcd:a.
      Der Erfolg ist 4 fach:
      1. Zwei Stoffe vereinigen sich und die zwei übrigen bleiben unverbunden. -
        Vermischt man eine Auflösung des Therpenthinöls in Weingeist mit einer Auflösung des Salpeters in Wasser, so fällt der Salpeter nieder, das Oel begiebt sich auf die Oberfläche, und die Flüssigkeit besteht fast bloß aus Weingeist und Wasser; - beim Zusammenbringen von salzsaurer Alaunerde mit kohlensaurem Kali fällt die Alaunerde nieder, die Kohlensäure entweicht mit Aufbrausen, und die Flüssigkeit enthält bloß salzsaures Kali.
      2. Es vereinigen sich je zwei und zwei Stoffe; doppelte Wahlverwandschaft, attractio electiva duplex. Ein sehr häufiger Fall besonders bei den Salzen.
        Schwefelsaures Kali mit salzsaurem Baryt zusammengebracht bildet salzsaures Kali und schwefelsauren Baryt; kohlensaures Kali mit salzsaurem Kalke bildet salzsaures Kali und kohlensauren Kalk. Schwefelwasserstoff mit Bleioxyd (Sauerstoff Blei) bildet Schwefelblei und Wasser (Sauerstoff und Wasserstoff); Sublimat (Chlor Quecksilber) mit rotem Spießglanz (Schwefelantimon) bildet Spießglanzbutter (Chlorantimon) und Zinnober (Schwefelquecksilber).
      3. Es vereinigen sich 3 Stoffe mit Ausscheidung des vierten. Dieser Fall ereignet bei der Niederschlagung eines Metalls durch das andere aus seinen Auflösungen in Säuren oder Alkalien.
        So bildet sich beim Zusammenkommen von schwefelsauerem Kupferoxyd (Sauerstoff-Kupfer) mit Eisen - schwefelsaures Eisenoxydul (Sauerstoff-Eisen) und abgeschiedenes Kupfer; die 4 Stoffe sind hier: Schwefelsäure, Sauerstoff, Eisen und Kupfer. Beim Zusammentreffen von Kohlensäure (Sauerstoff-Kohlenstoff) Natron und Phosphor in der Glühhitze bildet sich Phosphorsäure (Suaerstoff-Phosphor) Natron und Kohle.
      4. Alle 4 Stoffe vereinigen sich zu einem Ganzen.
        Auch dieser Fall heißt affinitas compositionis.
        Schwefelsäure bildet mit Kali, Alaunerde und Wasser krystallisirtes Alaun; Schwefelkalium bildet mit Wasser Schwefelwasserstoff-Kali.
    3. Es kommen mehr als 4 Stoffe miteinander in Berührung.
      Mit der Zahl der Materie nimmt die Zahl der möglichen Affinitäten in einem schnell wachsenden Verhältnisse zu; der Erfolg wird verwickelter und ist schwieriger voraus zu bestimmen. Häufig kann man jedoch Verbindungen von mehreren Stoffen als eine einfache Materie betrachten, und braucht bloß ihre Affinitäten als Ganzes zu berücksichtigen; so sind die Säuren und salzfähigen Basen zusammengesetzte Körper; bei ihrem Zusammentreffen hat man aber dennoch meistens nicht die Affinität ihrer Bestandtheile zu beachten. In einigen anderen Fällen hat man aber oft denselben Stoff als einen doppelten anzusehen, wenn nämlich bei dem Affinitätenspiel eine doppelte Rolle übernimmt. So hat man sich zweimal den Phosphor zu denken, der beim Zusammentreffen mit Kali und Wasser Theils zu Phosphorsäure, Theils zu Phosphorwasserstoffgas wird, und man kann sich denken, es seinen 5 Stoffe, Kali, Wasserstoff, Sauerstoff, Phosphor und Phosphor im Spiel gewesen.
      Der Fall, wo sich immer je 2 Stoffe vereinigen, heißt attractio elective multiplex. So bildet essigsaures Bleioxyd mit Schwefelwasserstoff-Kali: essigsaures Kali, Schwefelblei und Wasser.
      Die complicirteren Erfolge werden bei Betrachtung der einzelnen Stoffe ausgeführt werden.
      Bei sämmtlichen Erfolgen, welche sich zeigen beim Zusammentreffen von 3 und mehr Stoffen, muß man annehmen, daß die den Erfolg bewirkenden Kräfte die entgegengesetzten überwogen haben. Die ohne Zweifel am meisten bei diesen Erfolgen thätige Kraft ist die Affinität, wobei auch die Affinität der unwägbaren Stoffe gegen die wägbaren zu berücksichtigen ist. Von geringerem Einfluß auf diese Erfolge ist die Cohäsion, sowohl der einzelnen Stoffe, als auch der möglichen Verbindungen, denn man kann annehmen, daß sich eine Verbindung desto leichter bilden werde, je geringen die Cohäsion der einzelnen Stoffe, und je größer die Cohäsion der zu bildenden Verbindungen ist. So hat Berthollet als ein allgemeines Gesetz gefunden, daß sich beim Zusammentreffen von mehreren Säuren mit mehreren Salzgrundlagen immer die im Wasser unauflöslichsten, und also nach ihm mit der größten Cohäsion begabten Salze bilden.1)
      Beisp. Bei 3 Stoffen und 5 Affinitäten: Wenn sich ab vereinigen mit Ausschluß von c, so kann man nicht sagen, die Affinität zwischen a und b ist größer, als die Affinität zwischen c und a, c und b, bc und a miteinander, sondern man darf nur sagen, die Affinität von a zu b ist größer, als die Affinität von a zu c nebst der Affinität von ac zu b; und sie ist auch wieder größer, als die Affinität von b zu c nebst der Affinität von bc zu c.
      Beisp. Bei 4 Stoffen und 21 Affinitäten. Vereinigt sich a mit b und c mit d, so ist die Affinität von a zu b nebst der Affinität von c zu d größer 1) als die Affinität von a zu c, von b zu d, und von ac zu bd; 2) als die Affinität von a zu d, von b zu c, von b zu c, und von ad zu bc; 3) als die Affinität von a zu c von ac zu b und von abc zu d u.s.w.
      Es entscheidet also über den Erfolg der Anziehungen die Summe der Affinitätsgrößen, welche zu gleicher Zeit realisirt werden können; ein wenig auch die verschiedenen Cohäsionen, sowohl der einzelnen Stoffe, als auch der möglichen Verbindungen.
      Da demnach nicht eine einzelne Affinität entscheidet, sondern die Summe, so erklärt es sich leicht, wie eine größere Affinität durch mehrere kleinere Affinitäten überwogen werden kann. Der schwefelsaure Baryt, der weder durch Kali noch durch Kohlensäure für sich zerlegbar ist, wird in kohlensauren Baryt und in schwefelsaures Kali zersetzt; wenn beide Stoffe zugleich einwirken. Die Affinität der Schwefelsäure zum Baryt sei 66, zum Kali 62, die Affinität der Kohlensäure zum Baryt sei 14, zum Kali 9, so ist 62 + 14 > 66 + 9, und die Zersetzung muß statt haben.
      Wirkt in einem solchen Falle die Affinität einer Verbindung ein, die sich erst bilden muß, so nennt man diese eine prädisponirende Affinität, affinitas praedisponens. S. oben die Zersetzung der Kohlensäure durch Phosphor und Natron, die statt hat , weil die erst zu bildende Phosphorsäure größere Affinität gegen das Natron hat, als die Kohlensäure.2)
      In den meisten Fällen, wo sich mehr als zwei Stoffe miteinander vereinigen, kann man annehmen, daß zuerst bloß a mit b vereinigt war, daß diese binäre Verbindung wieder Affinität zeigte gegen c oder cd u. s. w. und daß erst auf diese Weise eine ternäre, quarternäre, oder aus noch mehr Stoffen zusammengesetzte Verbindung entstanden ist.
      Sämmtliche Erfolge des Affinitätsconflikts beim Zusammentreffen mehrerer Materien bleiben sich bei denselben Materien vollkommen constant, sobald nur 1) die Menge der Stoffe ganz dieselbe bleibt, 2) die Temperatur nicht verschieden ist.
      1. Was die Menge betrifft so wird. Z. B. bei 3 Stoffen c nicht rein ausgeschieden werden, wenn ich mehr a anwende, als zum Sättigen von b erforderlich ist, sondern es wird sich ab und ac bilden.
      2. Die Verschiedenheit der Temperatur wirkt auf zweierlei Weise die Erfolge abändernd:
        1. In sehr vielen Fällen ist Wärme von einer gewissen Intensität als vierte oder fünfte Materie anzusehen, welche neue Affinitäten ins Spiel bringt, und sich mit a, b, c oder d zu Dampf oder Gas vereinigt.
          So erklärt es sich, warum Boraxsäure in der Glühhitze selbst die Schwefelsäure aus ihrer Verbindung mit Natron und anderen Salzhaften abscheidet, während bei gewöhnlicher Temperatur die Boraxsäure sich als eine äußerst schwache Säure zeigt; hierher gehört auch das Abscheiden verschiedener Säuren durch Phosphorsäure, durch Kieselerde u. s. w. von Kali, Natron, u. s. w.
        2. In einigen Fällen scheinen durch die verschiedene Temperatur die Affinitätsgrößen oder die Cohäsion auf eine ungleiche Art geändert zu werden, wobei wohl noch besonders das Wasser, als Auflösungsmittel, eine Berücksichtigung verdient.
          Kochsalz und Bittersalz in Wasser aufgelöst bleiben über dem Gefrierpunkte unverändert, unter demselben werden sie zu Glaubersalz, welches krystallisirt, und zu salzsaurer Bittererde, welche aufgelöst bleibt u. s. w.

        Scheinbare Umdrehung der Verwandschaftsgrößen liefern noch folgende Fälle: Schwefelsaures Ammoniak wird durch Bittererde zerlegt, und schwefelsaure Bittererde durch Ammoniak; in beiden Fällen ist die Zerlegung nur eine halbe, und es bildet sich immer eine 3fache proportionirte Verbindung.
        Schwefelsäure scheidet aus salpetersaurem Kali die Salpetersäure ab, und dennoch erhält man beim Auflösen von neutralem schwefelsaurem Kali in verdünnter Salpetersäure Krystalle von salpetersaurem Kali.- Dieser Fall erklärt sich daraus, daß allerdings die Schwefelsäure größere Affinität zum Kali hat, als die Salpetersäure, daß aber das saure schwefelsaure Kali (Kali mit zwei Mischungsgewichten Schwefelsäure) bei gewöhnlicher Temperatur geringere Affinität zum Kali hat, als die Salpetersäure. In beiden Fällen erzeugt sich jenes saure Salz.
        Die Zersetzung eines salpetersauren Salzes durch Salzsäure, und in der Glühhitze auch durch arsenige Säure erklärt sich aus der Zersetzung, die die Säure selbst dabei erleidet.3)

Die hier aufgeführten Anomalien, welche bisweilen affinitas reciprocae genannt werden, dienen besonders als Stütze der Berthollet'schen Lehre vom Einfluß der Mengen der Materien auf ihre Affinitätsgröße. S. u.

Zersetzung, Decomposition.

Sie ist das Resultat der überwiegenden Einwirkung einer oder mehrerer Affinitäten eines einfachen oder zusammengesetzten Körpers auf eine einfache oder mehrfache Verbindungen, im Fall keine allgemeine Vereinigung erfolgt.

  1. Der zersetzende Körper ist ein unwägbarer.
    Licht zersetzt Quecksilberoxyd in Quecksilber und Sauerstoffgas. Wären zersetzt Salzwasser in Salz und Wasserdampf. Elektricität zersetzt Wasser in Wasserstoffgas und Sauerstoffgas.
    Aus der Zersetzung durch Wärme beruhen manche eigens benannte Operationen:
    1. die Destillation, wenn man den in Dampf verwandelten abgetrennten Körper wieder erkältet und als eine tropfbare Flüssigkeit sammelt.
      Weingeist, Wasser, Quecksilber, Schwefel.
    2. Die Sublimation, Auftreibung, wenn die Dämpfe des abgetrennten Körpers durch Erkältung in den festen Zustand übergehen, und in dieser Gestalt aufgefangen werden.
      Schwefel, Zinnober, Salmiak.
    3. Die Abdampfung, Evaporation, wenn man den flüchtigern Bestandtheil einer tropfbaren Flüssigkeit durch Verwandlung in Dampf entfernt, ohne diese wieder aufzufangen.
      Schwefelsäure mit Wasser.
    4. Austrocknung, Exsiccation, wenn man einem festen Körper durch erhöhte Temperatur auf die selbe Weise die liquiden flüchtigern Theile entzieht.
    5. Die Calcination ist auch oft nicht, als Abscheidung eines flüchtigen Bestandtheils durch Glühhitze; ähnlich verhält es sich oft mit der Röstung, Tostion.
  2. Der zersetzende Körper ist wägbar.
    Eine jede solche Zersetzung darf durchaus nicht bloß als Trennung betrachtet werden, als eine der Auflösung, Verbindung entgegengesetzt Erscheinung; denn die erfolgte Abtrennung ist erst Folge einer statt findenden neuen, innigern Verbindung.
    Die hierbei sich zeigenden Umstände sind:
    1. Gewöhnlich wird die Temperatur erhöht.
    2. Es erfolgt eine Trübung, wenn sich der Proceß nicht zu rasch beendigt.
    3. Ist der eine sich bildende Stoff luftförmig und entwickelt es sich sehr plötzlich, so bringt seine plötzliche Ausdehnen, Erschütterung der Luft, Knall, und Erschütterung der übrigen benachbarten Gegenstände, Zerschmetterung der Gefäße u. s. w. hervor. Verpuffung, Detonation.
    4. Entwickelt sich der luftförmige Körper nur allmählich aus einer liquiden Masse, so ist die Zersetzung mit Aufbrausen, Efferescenz, begleitet.
      Kohlensaures Kali und Schwefelsäure.
    5. Sind die Zersetzungsprodukte tropfbar flüssig, so lagern sie sich allmählich über einander, nach ihrem specifischen Gewichte.
    6. Sind ein oder mehrere Zersetzungsprodukte fest, so zeigen sie einen verschiedenen Cohäsionszustand je nach der Natur, nach ihrer Vertheilung und nach der verschiednen Geschwindigkeit, mit der die Zersetzung vor sich ging. Pulverig, Gold, flockig, Alaune, käsig, Hornsilber, körnig, Weinstein. Metalle, allmälig durch Zersetzung ihrer Auflösung abgeschieden, bilden häufig, unter Mitwirkung der galvanischen Electricität krystallinische baumähnlichen Massen, Metallbäume, Metallvegetation.
      Bleibaum, Zinnbaum, Dianenbaum.
      Die Zersetzungen, deren Produkte theils liquid, theils fest sind, heißen Fällungen, Niederschlagungen, Präcipitationen. Der die Zersetzung bewirkende Körper, er sei einfach oder zusammengesetzt, ist das praecipitans, Fällungsmittel; der sich bildende feste Körper, er sei einfach oder zusammengesetzt, ist der gefällte Körper, das Präcititat. Nur in einzelnen Fällen ist Präcipitation und Abtrennung; Präcipitat und abgeschiedener Körper; Fällungsmittel und abgeschiedener Körper gleichbedeutend.
      Barytwasser mit Weingeist; Barytwasser mit Schwefelsäure; salzsaures Baryt mit schwefelsaurem Kali.
      Ist ein Zersetzungsprodukt wirklich ein aus der Verbindung ausgeschiedener Körper, so heißt es Edukt, oder Bestandtheil; ist es hingegen die Verbindung eines Bestandtheils des zersetzten Körpers mit dem zersetzten oder einem Theile desselben, so heißt es Produkt.
      Kohlensäure durch Glühen von Kohlen mit Quecksilberoxyd erhalten, ist Produkt; Kohlensäure durch Zusammenbringen von kohlensaurem Kalk mit Salzsäure erhalten, ist Edukt.
      Auf der Zersetzung der Verbindungen in Edukte beruht die chemische Zerlegung, Analyse der Körper. Nachdem man zuvor durch chemische Prüfungsmittel, Reagentien, die Gegenwart der einzelnen Bestandtheile erkannt hat, so nimmt man die quantitative Zerlegung vor, wo man jeden Bestandtheil entweder für sich, oder in einer bekannten Verbindung befindlich darstellt. Die erhaltenen Bestandtheile müssen dem zerlegten Körper an Gewicht soviel als möglich gleich kommen.
      Oft läßt sich ein erhaltener Bestandtheil wieder in neue Bestandtheile zerlegen; diese werden die entfernten Bestandtheile eines Körpers genannt, zum Unterschiede von den näheren.
      Die näheren Bestandtheile des schwefelsauren Ammoniaks sind: Schwefelsäure und Ammoniak; die entfernten: Schwefel, Sauerstoff, Stickstoff und Wasserstoff.
      Bestandtheile, welche sich nicht weiter zerlegen lassen, sind für uns einfache Stoffe, Elemente, Urstoffe; doch steht zu erwarten, daß mit den Fortschritten der Chemie manche der jetzt als einfach anzusehenden Körper in heterogene Körper zerlegbar gefunden werden.

Fußnoten
  1. Vielleicht ist jedoch dies Gesetz auf die Affinität zurückführbar, und vielleicht kann man sagen, daß eine Salzverbindung desto schwerer in Wasser auflöslich ist, durch je größere Affinität sie hervorgebracht ist, wobei natürlich zugleich die respective Neigung der Säuren und salzfähigen Grundlagen mehr oder minder auflösliche Salze zu bilden, in Rechnung zu bringen wäre.
  2. Die Annahme einer prädisponirenden Verwandtschaft hat nichts Widersinniges, wenn man bedenkt, daß bei der innigen Berührung der Materien alle in ihnen und ihren Combinationen wirkenden Kräfte zugleich sich äußern müssen.
  3. Bergmann opusc. 3, 307 und 321.
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