Erläuterungen zu Keplers Liber V, Pars Prima, De figura orbitae
Im Abschnitt "Zeige, was diese elliptischen Größen in der Planetenbahn repräsentieren und welche von ihnen aus der Libration resultieren." erläutert Kepler die Parameter der elliptischen Planetenbahn und führt dazu eine Abbildung ein.
Er zeichnet einen Kreis [mit dem Durchmesser der großen Ellipsenachse 2·a], dessen Mittelpunkt mit dem der eingeschriebenen Ellipse zusammenfält und er diskutiert nun die grundlegenden geometrischen Zusammenhänge.
Die Ellipse hat BP als die große Halbachse a und die auf dieser senkrechtstehende Sehne DT, auf der die kleine Halbachse b vom Mittelpunkt B nach E abgetragen ist. Die [lineare] Exzentrizität e ist die Strecke AB vom Brennpunkt A zum Mittelpunkt B. Sie entspricht der Hälfte der Libration — das ist also der Abstand der beiden Brennpunkte A und F (dass F der zweite Brennpunkt ist,hat Kepler im vorangeganenen Abschnitt erwähnt). Steht nun der Planet in E, d. h. er hat vom Scheitel P 90° seines vollständigen Umlaufes zurückgelegt: d. h. er steht im "ersten Quadranten". Dort ist er nun weniger weit von der Sonne A entfernt als er es zu Beginn des Umlaufes in P war. Seine Entfernung von der Sonne entspricht in E der Länge der großen Halbachse a, in P war er a + e. Nun betrachtet Kepler einen Planeten, der statt eines Quadranten nur einen Kreisbogen PG weit vom Aphel P (sonnenferner Scheitel der Ellipse) gewandert ist, und zeigt, wie man die zugehörigen Entfernung von der Sonne ermittelt. Der Schnittpunkt der Entfernung mit der Sehne GZ ist der Punkt H. Da F der zweite Brennpunkt ist, ist die Strecke HF der halbe Ellipsenparameter p.
Damit hat Kepler zwei Punkte der elliptischen Bahn gefunden. Er bezieht sich nun auf die Regel des Apollonius von Perga, wonach sich die Abschnitte gemeinsamer Sehnen von Ellipse und Umkreis verhalten wie die kleine zur großen Halbachse der Ellipse. Dann konstruiert er ein Gnomon.
Damit ist gezeigt, dass sich alle Sehnenabschnitte wie die zugehörigen Lote AC verhalten. Und es verhalten sich die Abstände vom Brennpunkt zu einem Punkt auf dem Kreis und einem Punkt auf der Ellipse, die beide auf einer Sehne senkrecht zur Apsidenlinie liegen, wie die große zur kleinen Halbachse der Ellipse. Man erkennt auch unschwer, dass das kleine Quadrat des Gnomons die Seitenlänge hat, die der Differenz der Kreis- und Ellipsensehnenabschnitte entspricht. Kepler kann damit den Abstand eines Planeten auf der elliptischen Bahn von der Sonne in Abhängigkeit von einem Kreisbogen zwischen Aphel und aktuellem Ort berechnen. |
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© Rainer Stumpe URL: www.rainerstumpe.de |