Konstruktive Lösung der Aufgaben im sphärischen Dreieck
Die Aufgaben im sphärischen Pol-Dreieck ABC kann man grafisch durch Konstruktion der senkrechten Parallelprojektion der Kugel und des sphärischen Dreiecks in die Ebene lösen. Dazu legt man die Ebene (blau), in die die Punkte auf der Kugel projiziert werden sollen, durch den Mittelpunkt M der Kugel und durch zwei Punkte B, C des sphärischen Dreiecks (die ja auf einem Großkreis liegen). Durch den Punkt A des sphärischen Dreiecks legt man zwei Kleinkreise ABB′ und ACC′, die jeweils die Verbindungslinie des Kugelmittelpunktes M mit einer der beiden anderen Ecken als Achse haben. Wegen der Kugelsymmetrie bleiben die Großkreisbogenlängen AB und AC gleich, wenn man um die Achsen MB bzw. MC "dreht". Man kann also die Großkreisbögen in die Projektionsebene drehen. Das sphärische Dreieck ABC ist nun unter Beibehaltung der Seitenlängen "eingegebnet". Auch die sphärischen Winkel des Poldreiecks kann man in die Ebene projizieren.
Dazu dreht man den Kleinkreis ABB′ durch A um seine Achse BB′ in die blaue Ebene. Dabei bleibt der Winkel ∠AMB erhalten und kann in der Ebene als Winkel ∠A′MB abgelesen werden.
Praktisch schlägt man einen Kreis mit dem Durchmesser BB′ um den Mittelpunkt M′ des Kleinkreises, errichtet dann auf BB′ das Lot durch A und findet im Schnittpunkt des Lots mit dem Projektionskreis A′.
Der Winkel γ = ∠AM′B (gelb) ist gleich dem Winkel γ = ∠A′M′B (grün), den man in der Projektionsebene leicht ablesen kann. In der Navigation entspräche dieser Winkel der geografischen Länge, mit B als Mittagspunkt.
In analoger Weise erhält man den ∠AMC = β durch Umklappen des Kleinkreises CAC′ durch A, dessen Achse durch B geht: β = CMA′.
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Etwas aufwändiger ist die Projektion des Winkels α = ∠CAB zu konstruieren. Er wird durch die beiden Tangenten an die Großkreise AC und AB in A eingeschlossen. Diese beiden Tangenten AT1 und AT2 schneiden die Achsen der Kleinkreise ABB′ und ABB′ in den Punkten T1 bzw. T2. Man dreht sie um die Achsen MC bzw. MB in die Projektionsebene: AT1 ⇒ B′T1 und AT2 ⇒ C′T2. Damit erhält man die Punkte T1 und T2 durch die Tangente an den Großkreis in den Punkten B′ und C′. Das Dreieck AT1T2 wird nun in die Projektionsebene gedreht, indem man um T1, T2 die Kreise mit den Radien AT1 = B′T1 bzw. AT2 = C′T2 schlägt. Am Schnittpunkt A′ in der Projektionsebene wird der Winkel α gefunden.
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Konstruktionsbeispiel
Gegeben sind die Seiten a = 60,4° und b = 54,4° und der Winkel γ = 51° eines sphärischen Dreiecks.
Als erstes zeichnet man einen (Rand-)Kreis, markiert dessen Mittelpunkt M und zieht das Achsenkreuz durch den Mittelpunkt. Auf dem Randkreis trägt man die Kreissegmente a und b ab, die der Länge (d. i. dem Winkel am Mittelpunkt M) der gegebenen Dreiecksseiten entsprechen. Die Spur des Kleinkreises durch die Ecke A des Dreiecks parallel zur x-Achse schneidet den Kreis in einer der Dreiecksseiten (hier D). Die Projektion des Mittelpunktes M1 findet man als Schnittpunkt mit der Achse des Kreises. Über der Spur des Kleinkreises mit dem Mittelpunkt M1 zeichnet man den Thales-Kreis. Am Mittelpunkt M1 trägt man den gegebenen Winkel γ an, und verlängert den Schenkel bis zum Schnittpunkt A′ mit dem Thales-Kreis. Von A′ fällt man das Lot suf die Spur des Kleinkreises und erhält die Projektion der dritten Dreiecksecke A auf die Zeichenebene.
Nun verbindet man den Mittelpunkt des Kreises mit der zweiten gegebenen Ecke des sphärischen Dreiecks (hier B) und verschiebt das Lot auf diese Strecke bis es A und den Kreis in F und G schneidet. Die Strecke zwischen den Kreisschnittpunkten ist die Spur des zweiten Kleinkreises mit dem Mittelpunkt M2, über der man einen Thales-Kreis mit M2 als Mittelpunkt errichtet. In A errichtet man ein zweites Lot auf diesen Kleinkreis, und verbindet dessen Schnittpunkt A″ mit dem Thales-Kreis mit dem Mittelpunkt des Kleinkreises. Hier liest man den gesuchten Winkel β = 68,1° ab. Gleichzeitig hat man die Länge der dritten Seite c = 42,2° des sphärischen Dreiecks gefunden: es ist der Kreisbogen zwischen B und dem Berührungspunkt F des zweiten Kleinkreises mit dem Kreis.
Die beiden Tangenten an die beiden Kleinkreise, die den Winkel α einschließen, konstruiert man als Senkrechte zum Kreisradius in den Ecken des sphärischen Dreiecks D und F. Ihre Schnittpunkte T1 und T2 mit den Achsen der Kleinkreise sind die Mittelpunkte zweier Kreise, deren Schnittpunkt A′″ die Projektion der Dreiecksecke A ist. Der Winkel zwichen den Verbindungsgeraden ist der gesuchte Winkel α = 84,6°.
Das Ergebnis hängt überwiegend von der Zeichengenauigkeit ab — wie man durch Nachrechnen dieser III. Hauptaufgabe im schiefwinkligen sphärischen Dreieck leicht feststellen kann, ist es nicht bahnbrechend.
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