Vergrößern — aber wie

Jeder fotographierende Mitschüler wird sich schon über die hohen Preise der Fotovergrößerungen geärgert haben. Hosa ruft seinen Lesern ins Gedächtnis, daß an der Schule eine hervorragend eingerichtete Dun­kel­kam­mer existiert, die allen Schülern offensteht. Gleichzeitig bringt Hosa einen Vergrößerungslehrgang für an­ge­hen­de Fotographen, die keinen der Fotokurse besucht haben, oder das Gelernte wieder vergessen haben. Wer die Dunkelkammer benutzen möchte, muß nur mit einem Physiklehrer einen Termin ausmachen, weil nur Lehrer einen Schlüssel besitzen. Papier und Chemikalien muß jeder selbst mitbringen.

Die Entwicklung der Filme überlassen Anfänger am besten einem Fotogeschäft, denn erstens kommt das Selbstentwickeln nicht billiger und zweitens kann der Film leicht untauglich werden. An Chemikalien zum Ver­größern benötigt man 1 L Positiventwickler (z.B. Agfa Neutrol S), der von verschiedenen Firmen fest oder flüssig geliefert wird, und in Wasser nach Gebrauchsanleitung gelöst bzw. mit Wasser verdünnt werden muß. Weiterhin ist ein Fixierbad nötig, das ebenfalls abgepackt von Fotofirmen bezogen werden kann; billiger ist folgende Mischung, die man in der Drogerie bekommt: 200 g Natrium- oder Kaliumthiosulfat und 20 g Natrium­meta­bi­sulfit werden in einem Liter Wasser aufgelöst. Nicht unbedingt notwendig, aber empfehlenswert ist ein Unterbrecherbad aus 2%-iger Essigsäurelösung. Die erforderlichen Fotoschalen sind in der Schule vorhanden. Die Schale für Entwickler ist mit E, die für Fixage mit F und die für das Unterbrecherbad mit U bezeichnet. Es ist unbedingt darauf zu achten, daß die Schalen nicht vertauscht werden dürfen! Das Zurückfüllen der Bäder in die Aufbewahrungsflaschen erfolgt mit den beiden Trichtern, die auch entsprechend mit E und F bezeichnet sind. Als Flaschen verwendet man zweckmäßig PVC-Flaschen, die sich luftdicht verschließen lassen. Nach beendeter Arbeit sind alle Schalen gut auszuspülen!

Vom Fotopapier gibt es eine Vielzahl Variationen, sowohl in Format als auch in Oberfläche (hochglänzend, matt, etc.), Farbe (extraweiß, chamois, u.ä.).und Gradation (= Härte: weich, hart, u.a.m.). Sehr vorteilhaft für Kleinbildfilme ist das Format "Weltpostkarte", das halbiert das handelsübliche Format 7,4 x 10,5 cm ergibt; das Bild kommt hierbei auf 5,7 Pfennige. Leider wurde durch Unachtsamkeit früherer Dunkelkammerbenützer die Hochglanzfolie der Trockenpresse zerstört; es ist daher unmöglich, in der Schule hochglänzende Bilder her­zu­stellen. Läßt man Hochglanzpapier ohne Pressen trocknen, so entsteht eine leicht glänzende Oberfläche. Ob man weißes oder chamois Papier verwendet ist Geschmackssache; manchen Leuten ist der Ton des weißen Papiers zu kalt. Für einen Anfänger genügt es normalhartes Papier zu besitzen. Weil wir in der Schule nicht trockenpressen können, ist es zu empfehlen, kartonstarkes Papier zu verarbeiten, da sich papierstarkes zu stark wellt.

Doch nun zur eigentlichen Dunkelkammerarbeit. Die Lösungen der Bäder werden so aufgestellt, daß das Papier vom Vergrößerungsapparat nach links läuft. D.h. links neben dem Apparat steht die Schale mit dem Entwickler, weiter links folgt das Unterbrecherbad und zum Schluß das Fixierbad. In das Becken an der Wand läßt man etwas Wasser einlaufen; dort wird gewässert. Der entstaubte Film wird nun in die Filmbühne des Vergrößerers eingelegt. Das Licht wird eingeschaltet (Dauerschalter an der Schaltuhr), die Feststellschraube rechts am Stativ wird gelöst und durch Verstellen des Projektors nach oben und unten kann man das ge­wün­schte Format einstellen. An der Schraube rechts am Balgenauszug verstellt man das Objektiv so weit nach oben oder unten, bis eine optimale Schärfe erreicht ist. Diese wird mit einer Lupe genau erkannt. Jetzt wird alles Licht in der Kammer gelöscht. Nur die roten und grünen Birnen über dem Arbeitstisch dürfen noch bren­nen. Erst jetzt darf die lichtdichte Verpackung des Fotopapiers geöffnet werden. Man entnimmt ein Blatt, schneidet einen etwa 2-3 cm breiten Streifen ab und verpackt den Rest wieder gut. Man stellt die Schaltuhr auf 0,5 sec. und belichtet das Papier durch Abdecken von Teilen an verschiedenen Stellen verschieden lange. Nun wird der Streifen entwickelt (siehe unten). Die richtige Belichtungszeit ist die, bei der alle Grautöne von hellem Weiß bis zum tiefen Schwarz gut abgestuft sind.

Ein Blatt Fotopapier (der Rest muß immer gut verpackt sein) wird in die Vergrößerungskasette eingelegt, wobei es von zwei verstellbaren Schienen, die gleichzeitig den Rand abdecken, in Planlage festgehalten wird. Der rote Schutzfilter wird vor das Objektiv geschoben und das Projektionslicht eingeschaltet. Ein letztes Mal kann man die Schärfe kontrollieren und die Kassette in den rechten Bildausschnitt rücken. Das Licht wird wieder ausgeschaltet, der Filter zurückgeschoben und, nachdem man die gewählte Belichtungszeit eingestellt hat (steht der Hebel am oberen Zifferblattrand auf +, so ist die Skala in Sekunden geeicht, steht er auf - so stellen die Zahlen 1 ⁄ 10 sec. dar), drückt man den Auslöseknopf der Uhr nieder. Zweckmäßig übt man alle Handgriffe erst einmal ohne Papier. Beim Format 7,4 x 10,5 liegen die Zeiten ungefähr zwischen 1 und 3 sec..

Das belichtete Bild wird nun mit der Metallzange (mit E gekennzeichnet) ergriffen und in das Entwicklerbad getaucht. Dieses sollte etwa eine Temperatur von 18° - 20° haben; hier bleibt das langsam sich her­vor­he­ben­de Bild 1 ½ - 2 ½ min. Es muß während der Entwicklungszeit dauernd bewegt werden. Wenn ein guter Bildton erreicht ist, wird das Bild mit der Metallzange in das Unterbrecherbad fallen gelassen. Man muß darauf achten, daß die Zange nicht vom Unterbrecher benetzt wird. Hat man kein Unterbrecherbad, so spült man es unter fließendem Wasser gut ab. Nach einer halben Minute in diesem Bad wird das Bild mit der roten Kunst­stoff­zange ergriffen und in das Fixierbad gebracht. Hier bleibt es etwa 10 min., um dann 20 - 30 min. zu wässern. Meist reicht die Zeit nicht aus um alle Bilder gut zu wässern. Dann kann man sie naß nachhause trans­por­tieren und dort zu Ende wässern.

Die fertigen Bilder werden auf einem Tuch ausgebreitet. Haben sich die Bilder beim Trocknen stark gewellt, so kann man sie über eine scharfe Tischkante ziehen oder unter Büchern pressen. Um eine glänzende Ober­fläche zu erzielen, kann man die nassen Bilder, nachdem man sie vom anhaftenden Wasser befreit hat, auf eine saubere Fensterscheibe (mit Spiritus abwischen) aufwalzen.

Selbstverständlich hinterläßt jeder Benutzer die Dunkelkammer sauber und ordentlich aufgeräumt. Alle be­nütz­ten Schalen Trichter und Zangen müssen gründlichst gespült werden, verspritzte Flüssigkeiten müssen aufgewischt und alles an seinen Platz gestellt werden. Jeder Benützer hat sich in ein Heft einzutragen. Nie­mand darf sich an abgestellten Gräten oder Chemkalien vergreifen.

Natürlich braucht man auch zum Vergrößern eine gewisse Übung, und es ist natürlich, wenn ihr anfangs 50% Abfall habt. Wenn Euch etwas unklar ist, wendet Euch an Rainer Stumpe 12a. Und nun wünschen wir Euch viel Spaß beim Vergrößern.

Schema


Dieser Beitrag erschien im Dezember 1965 in "Homo Sapiens — Schülerzeitung am Hans-Sachs-Gymnasium" (Reproduktion mit freundlicher Genehmigung des Autors).


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Zuletzt geändert: 20.02.2017
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