Biografie
Johann Friedrich Böttger

aus: Hermann Kopp: Die Alchemie in Älterer und Neuerer Zeit. Bd. 1. S. 130 ff. Heidelberg 1886.

Joh. Friedr. Böttger war 1685 zu Schleiz geboren, in Magdeburg von seinem Stiefvater, dem Stadtmajor Tiemann sorgfältig erzogen. Er wurde im 12. Lebensjahr zum Apotheker Zorn in Berlin in die Lehre ge­ge­ben, wo ihn seine Neigung zur Chemie und Alchemie bald mit angesehenen Alchemisten in Ver­bin­dung brachte, u. A. mit dem Geheime-Staatsrath von Haugwitz, welcher selbst mit Böttger an der Darstellung des Steins der Weisen laborirte. Was ein fahrender Alchemist, der sich Laskaris nannte und nach den Berichten der Gläubigen wirklich ziemlich viel von dem Stein der Weisen an Böttger gegeben haben soll, durch Diesen in Betreff der künstlichen Hervorbringung von Gold in Berlin aufführen liess, kam zur Kunde König Friedrich′s I., welcher, nachdem ihm ein Stück von Böttger gemachten Goldes übergeben worden, befahl, durch inquisitorisches Verfahren untersuchen zu lassen, ob Böttger ein Adept oder ein Betrüger sei. Gewarnt entwich Böttger heimlich aus der Zorn′schen Apotheke und hielt sich in Berlin versteckt; da der König durch öffentlichen Anschlag 1000 Thaler Belohnung auf die Wiederbringung Böttger′s setzte, entfloh Dieser — damals 16 Jahre alt — nach Wittenberg und meldete sich daselbst zur Aufnahme als Student. Nach dieser damals Kursächsischen Stadt schickte der König von Preussen, sobald Böttger′s Flucht in Berlin ruchtbar geworden war, einen Officier mit einem Commando Soldaten und dem ge­mes­se­nen Befehl, sich Böttger′s gerichtlich oder auch gewaltsam zu bemächtigen. Ein nachträgliches von dem König eigenhändig unterzeichnetes Requisitorialschreiben (Böttger wurde als Magdeburger und Preus­si­scher Unterthan reclamirt) gab der Sache eine solche Wichtigkeit, dass auf erstatteten Bericht des Wit­ten­ber­gi­schen Kreisamtmanns der Statthalter Sachsens Fürst Egon von Fürstenberg in Conferenz mit den Sächsischen Grosswürdenträgern zusammentrat, wo beschlossen wurde, unverzüglich in Betreff dieser Angelegenheit an den Landesherrn Friedrich August II. den damals in Warschau sich aufhaltenden König von Polen (als solcher August II.) zu berichten, inzwischen aber dem zu Arrest gebrachten Böttger eine verstärkte Bewachung zu geben. Einem vorsichtigen Sächsischen Staatsmann, dem Geheimeraths-Director von Gersdorff, erwuchs allerdings die Besorgniss, es könne bei diesem Verfahren zu einem Krieg zwischen Preussen und Sachsen kommen, und er verweigerte desshalb den weiteren Berichten des Statthalters an den König von Polen durch seine Unterschrift beizutreten; auch wurden in der That im Stillen Befehle ertheilt behufs nöthiger rascher Verstärkung der Kursächsischen Garnison zu Wittenberg. Der König von Preussen, welchem man die Absicht einer Überrumpelung Wittenbergs zum Zweck der Habhaftwerdung Böttger′s wirklich zutraute, begnügte sich indessen vorerst mit erwähntem Requisitorialschreiben und damit, dass er durch seinen Gesandten in Warschau dem König von Polen die Sache dringlichst vortragen liess. Letzterer hielt aber auch Böttger in Wittenberg für nicht gesichert, und schickte durch einen besonderen Courier den Befehl nach Dresden, Böttger ganz im Geheimen nach Dresden bringen zu lassen. Den mit dem Transport Böttger′s beauftragten Officieren wurde bei Verlust der Ehre und des Lebens die sicherste und allergeheimste Überlieferung des Alchemisten nach der Kursächsischen Hauptstadt zur Pflicht gemacht. Nachdem da der Fürst von Fürstenberg mit Böttger Proben des Goldmachens angestellt hatte, eilte er selbst nach Warschau, um diese Proben mit Seiner Majestät zu wiederholen. Vorerst hatte der König mit der Eröffnung des Polnischen Reichstages (die am 2. Dezember 1701 statt hatte) zu viel zu thun, fand aber doch Zeit, auf Fürstenberg′s Rath noch eigenhändig an Böttger zu schreiben und Diesen seiner hohen Protection zu versichern. Erst in der Nacht des zweiten Weihnachts-Feiertages 1701 unternahmen der König und Fürstenberg in einem ganz abgesonderten Zimmer des Warschauer Schlosses die Transmutation, aber ohne Erfolg. Der König nahm Das gelassen, das Misslingen der Operation dem nicht hinlänglich starken Glühfeuer zuschreibend; Fürstenberg schrieb aber in grösster Bestürzung an Böttger, seine peinliche Verlegenheit schildernd, da Seine Majestät selbst über zwei Stunden beim Feuer gesessen habe, und betheuernd, dass es weder bei dem König noch bei ihm selbst an der nöthigen Frömmigkeit gefehlt habe. Dass Böttger Gold künstlich machen könne, wurde aber doch nicht in Zweifel gezogen; wohl aber betrachtete Fürstenberg nach seiner Rückkehr nach Dresden es als seiner Verantwortlichkeit entsprechend, in seinem eigenen Haus Böttger in engere Gewahrsame zu nehmen und als Dieser darob in stärkste Aufregung gerieth, ihn im Geheimen und unter besonderen Instructionen für den Festungscommandanten auf den Königsstein schaffen zu lassen (in früheren Nachrichten war der Sonnenstein genannt und als Grund, wesshalb Böttger dahin gebracht worden sei, angegeben, dass Laskaris einen Berliner Dr. Pasch mit reichen Geldmitteln ausgestattet behufs Befreiung Böttger′s nach Dresden geschickt habe, welcher denn auch da mit einigen Personen und mit Böttger selbst in Einverständnils getreten sei, aber die Sache sei verrathen, Pasch auf den Königsstein und Böttger auf den Sonnenstein gebracht worden). Diese Behandlung einer so werthvollen Person fand man aber doch auch in Dresden bald allzu hart; Fürstenberg liess Böttger wieder in diese Stadt bringen, hier allerdings so, wie es die Sachlage erheischte, überwachen, gestattete ihm aber doch alle Annehmlichkeiten und ging mit gutem Beispiel in freundlicher Behandlung voran; der König selbst befahl, dass Niemand "von widrigem Naturell" Böttger′n aufgedrungen werden solle. Dieser zeigte sich jetzt sehr anmassend, nicht allein gegen Fürstenberg sondern auch gegen den König selbst, welcher (trotz seiner sonstigen Abneigung gegen Schreiben) in directer Correspondenz mit Böttger stand; unter Anderem erbat Böttger vom König ein Regiment Cavallerie zur Disposition Fürstenberg′s, ihn gegen gewaltsame Entführung zu sichern, worauf der König seinen Böttger versicherte, dass er ihn zu schützen wissen werde und alle Verantwortlichkeit "wegen seiner Echappirung von Berlin" auf sich nehme. Übrigens versprach der König zur Sicherstellung Böttger′s, niemals ohne dessen Zustimmung den Statthalter Sachsens nach Polen kommen zu lassen, und gab seinem Alter ego in Sachsen, dem Fürsten Egon von Fürstenberg auf, niemals über Nacht von Dresden abwesend zu sein. Aus den Handschreiben des Königs an Böttger ist zu ersehen, dass in dem Masse, als die Polnischen Angelegenheiten einen schlimmen Ausgang befürchten liessen, das Vertrauen des Ersteren zu dem Letzteren und Dessen Kunst mehr und mehr zunahm; in Mitten der wichtigsten Staatsaffairen gedachte der König seines Goldmachers in Dresden und wünschte er Demselben in eigenhändigen Schreiben zum Jahreswechsel Glück. Der König unterschrieb nicht nur die von dem Alchemisten aufgestellten Bedingungen, unter welchen Dieser den Stein der Weisen darzustellen versprach, sondern liess dem Künstler für dieses Unternehmen auch (damals schwer zu entbehrende) 1000 Ducaten zustellen; aber die Freilassung Böttger′s wollte er abhängig sein lassen von der Erfüllung der gemachten grossen Verheissungen. Böttger mochte jedoch einsehen, dass Das noch etwas lange dauern könne, und suchte sich selbst frei zu machen; er fand Gelegenheit, aus seiner Gefangenschaft zu entfliehen, wurde aber zu Enns in Oesterreich wieder eingeholt, nach Dresden zurückgebracht und unter noch sorgfältigerer Bewachung gehalten. Und immer noch hatte man zu Böttger das Vertrauen, dass er den Stein der Weisen zu bereiten verstehe; in einem Brief aus Ojassdow bat der Fürst von Fürstenberg inständigst, dem König zu helfen in Dessen durch Karl XII. von Schweden schwer bedrängter Lage; darauf wie man sich unter obwaltenden politischen Conjuncturen verhalten zu sollen glaubte, übte Polnischer Seits die Aussicht grossen Einfluss aus, es stünden bald reichlichste Geldmittel zur Verfügung. 1704, als Böttger dem König gegen 40 000 Thaler gekostet hatte, wurde zwischen Beiden ein förmlicher Contract abgeschlossen, dessen unverbrüchliche Haltung der König mit einem schriftlich abgelegten Eid gelobte (es war Ein Eid unter mehreren; im Ganzen sind in dieser Sache von den an ihr betheiligten Personen gegen 150 Eide geschworen worden). Böttger laborirte nun in Dresden immer fort; aber als 1706 nach der Schlacht von Punitz (wo die Sachsen unter Schulenburg durch die Schweden unter Karl XII. besiegt wurden) in Sachsen eine Schwedische Invasion zu befürchten war, wurde mit anderen Kostbarkeiten auch Böttger in Sicherheit auf den Königsstein gebracht, wo sein Name eben so wenig genannt werden durfte, als in seiner geheimen Haft in Dresden. In die letztere Stadt nach dem Wiedereintritt gesicherterer Zustände zurückgeschafft erhielt er auf der Jungfrau-Bastei seine Wohnung d. h. sein Gefängniss und ein Laboratorium angewiesen, aber es wurde ihm nun auch ernstlich zugesprochen, das von ihm gegebene Versprechen zu erfüllen: so ernstlich, dass er wohl einsah, seine Lage sei eine fast verzweifelte. Ihn rettete vor härtester Behandlung die Entdeckung der Porcellanfabrication, mit welcher er sich auf den Rath seines Aussehers und Vertrauten, des Herrn von Tschirnhausen, beschäftigte. Nachdem der König, vom Anfang des Jahres 1708 an, der Verwerthung dieser Entdeckung sein Interesse zugewendet hatte, Böttger auch im Porcellanmachen sich entschieden leistungsfähiger erwies als im Goldmachen, wagte der Letztere, dem Ersteren offen zu bekennen, dass den Stein der Weisen darzustellen er nicht verstehe. Der König verzieh ihm. Doch erhielt Böttger erst 1715 gegen Leistung eines Eides, das Land nicht zu verlassen und die Arcana der Porcellanfabrication an Niemanden zu verrathen, seine Freiheit wieder. Er blieb bis zu seinem Tode, 1719, Director der da schon nach Meissen verlegten Porcellanfabrik. Aber der Glaube hatte sich erhalten, er wisse mehr, als er habe zugestehen wollen; noch auf seinem Sterbebette wurde er durch einen Kammerrath Nehmitz, der ihm von 1701 an fast beständig als Wächter beigegeben gewesen war, mit der Ungnade des Königs geängstigt, wenn er nicht sein Geheimniss offenbare, wie der Stein der Weisen darzustellen sei. Wie sich die Theilnahme Deutscher Fürsten an Alchemie auch noch gegen das Ende des siebzehnten Jahrhunderts hin fortsetzte und in das achtzehnte Jahrhundert hinein erstreckte, wird wohl passlich noch durch einige Angaben erläutert, welche das Leben und die Thaten eines Menschen betreffen, der sich selbst Don Domenico Manuel Caetano (oft findet man Gaetano und auch noch anders geschrieben), auch Conte de Ruggiero nannte und sich für einen Neapolitanischen Edelmann ausgab, übrigens der Sohn eines Bauern zu Pietrabianca bei Neapel war, zuerst die Goldschmiedskunst erlernt und dann sich eine Zeit lang als Taschenspieler in Italien umhergetrieben hatte. Seiner Aussage nach hatte er 1695 oder kurz vorher noch in Italien einen nicht unbedeutenden Schatz gefunden, welchen ein unbekannter Alchemist unter Beifügung einer handschriftlichen Anweisung zur Darstellung des Steins der Weisen vergraben habe; Viele aber stellten in Abrede, dass er selbst mit dem Geheimniss der Alchemie bekannt geworden sei, und gaben nur zu, er sei in irgend einer Weise in den Besitz einer gewissen Portion des goldmachenden und auch des silbermachenden Präparates gelangt. Sicherer als Beides ist, dass er im genannten Jahr aus irgend welcher Ursache sein Vaterland verliess und nach Madrid ging, wo er Proben seiner alchemistischen Kunstfertigkeit ablegte. Es ist ihm später mindestens Eine grossartige Betrügerei als dort verübt — vielleicht nicht mit Unrecht — öffentlich vorgeworfen worden, aber er muss doch sehr geschickt operirt haben, da ihn darauf hin der Bayerische Gesandte in Madrid aufforderte, zu des Letzteren Herrn, dem damals als Generalgouverneur der Spanischen Niederlande in Brüssel lebenden Kurfürst Maximilian IL Emanuel von Bayern zu gehen. Als Adept an Diesen empfohlen gewann der Abenteurer durch seine Transmutationen und durch seine Versprechungen des Kurfürsten Vertrauen und Gunst; er wurde zum Obrist über ein Regiment zu Fuss, zum Generalfeldzeugmeister, zum Feldmarschall, auch zum (Titular-)Commandant von München und zum Etatsrath ernannt, und erhielt höchst bedeutende Geldvorschüsse für die Ausarbeitung des Steins der Weisen im Grossen; er wusste den Kurfürsten ziemlich lange herumzuziehen, fühlte aber doch schliesslich, für ihn sei die Zeit, wegzukommen, da; er machte einige vergebliche Fluchtversuche, wurde nun in schärfere Untersuchung genommen und als des Betruges überwiesen nach Bayern abgeführt und da in einem Schloss, welches in dem vorliegenden Bericht Grunewald genannt ist (es giebt ein Dorf Grünwald in Oberbayern, bei München, an der Isar, mit einem alten Schloss), sechs Jahre lang gefangen gehalten. Wie er aus dieser Gefangenschaft herauskam, ist nicht genauer bekannt; aber im Jahre 1704 war der Graf Ruggiero in Wien, machte dort in Gegenwart vornehmer Cavaliere Gold, liess sich von Kaiser Leopold I. mit hohem Gehalt in Dienst nehmen und auch wieder für die Ausarbeitung des Steins der Weisen einen beträchtlichen Vorschuss geben. Bevor er damit fertig war, starb (im Mai 1705) sein kaiserlicher Gönner, und da man nun seinen Gehalt zurückhielt und selbst davon, ihn zur Rechenschaft zu ziehen, sprach, wurde seine Lage unangenehm. Doch fand er sofort einen neuen Gönner an Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz, welcher sich damals in Wien aufhielt und sich von des angeblichen Adepten vermeintlichen Leistungen und Versprechungen täuschen liess. Aber der Künstler muss doch Grund gehabt haben, Wien bald zu verlassen, denn im Jahre 1705 war der Graf Caetano o. Cajetani in Berlin, wo er dem König Friedrich I. seine Anerbietungen machte, der ja auch als prachtliebender Fürst einen alchemistischen Zuschuss zu seinen Revenuen wohl hätte gebrauchen können und dessen Begierde nach einem ausgiebigen Alchemisten zudem durch das mit Böttger Vorgefallene gereizt worden sein mochte, ohne dass er zu dem Genusss eines solchen gekommen war; die Angelegenheit wurde aber hier, wenigstens zuletzt, etwas strammer behandelt als in Brüssel und in Wien. Zuerst ging zwar Alles ganz gut; der Adept machte einen glücklichen Probe versuch vor einem Sachverständigen, dem Canzleirath Dippel, welcher bis an seines Lebens Ende ein Vertheidiger der Alchemie und mit Hermetischen Arbeiten beschäftigt gewesen ist, auch überzeugt war, dass er im Anfang des achtzehnten Jahrhunderts selbst Etwas, was wie der Stein der Weisen wirke, zu Stande gebracht habe, aber leider Etwas, was er nachher nicht wieder bekommen konnte. (Über diesen Dippel liest man mit Interesse den ihn nach seinen Lebensverhältnissen und als Theologen und Alchemisten schildernden Aufsatz von Karl Buchner in v. Raumer′s Historischem Taschenbuch, 3. Folge, IX. Jahrg., 1858, S. 207 und Gustav Baur′s daran anknüpfende Besprechung in dem Theologischen Literaturblatt zur Allgemeinen Kirchenzeitung 1858, Nr. 17, S. 377.) Dippel liess sich übrigens von seines Neapolitanischen Concurrenten Persönlichkeit und Grafentitel nicht imponiren; er selbst erzählt in seinem Aufrichtigen Protestant von dem Besuch, welchen er mit einigen Freunden dem Neuangekommenen abstattete: "Der Herr Graf schien mir zu zittern und zu beben bei unserer Ankunft, und zeigte so wenig Gräfliches in seiner Visage, als kein Savoyard, der mit seinem Raritätenkasten und Murmelthiere herumreiset, zeigen kann". Der Italiener verwandelte vor diesem Sachverständigen 7 Pfund Quecksilber in feines Silber, dann auch vor dem König, dem Kronprinz und einigen hohen Würdenträgern über 1 Pfund Quecksilber in Gold und eben so viel von dem ersteren Metall in Silber, auch einen vorher glühend gemachten kupfernen Stab zur Hälfte in Gold. Es fand Anerkennung, dass er dem König 15 Gran von dem weissen silbermachenden und 4 Gran von dem rothen goldmachenden Pulver verehrte, und es lockte, dass er versprach, binnen 60 Tagen 7 Loth des ersteren und 8 Loth des letzteren Präparates, womit man Silber und Gold im Werth von sechs Millionen Thaler machen könne, für den König zu bereiten. Er wurde mit grösster Auszeichnung behandelt, ring auch an zu arbeiten, zeigte aber jetzt mehr anderen Leuten seine Kunststücke, als dass er so bald, wie es schicklich gewesen wäre, dem König das Versprochene geleistet hätte. Er that vielmehr schon nach wenig Wochen unzufrieden, wie wenn Etwas, was er habe erwarten dürfen, ihm nicht zugekommen wäre; aber was konnte Das sein und was konnte man einem Mann, welcher über eine solche Kunst und was sie gewähren kann verfügte, schenken ohne ihn zu verletzen? Der König schickte dem schmollenden Adepten zwölf Flaschen alten Franzwein, aber Dieser wurde durch das königliche Präsent nicht umgestimmt. Er liess sogar mehrmals die angefangenen Arbeiten liegen und machte, vielleicht zur Einleitung einer längeren Reise, Ausflüge, einmal nach Hildesheim, dann nach Stettin. Um den goldenen Vogel zu kirren, wurde er durch allerhöchste Handschreiben ausgezeichnet, durch Zusendung des königlichen Porträts in Brillanten, auch eines Patentes als Generalmajor der Artillerie geehrt. Er kam auch wieder nach Berlin, aber statt den Stein der Weisen abzuliefern, verlangte er 50000 Reichsthaler als Vorlage für die aufzuwendenden Unkosten, wollte dann das Geheimniss für eine runde Summe verkaufen, forderte sogar Ersatz für den in Berlin gemachten Aufwand und bat schliesslich um einen Vorschuss von 1000 Ducaten für eine Reise nach Italien. Man wurde jetzt misstrauisch, und das Misstrauen steigerte sich zum Verdacht, als fast gleichzeitig von dem Kurfürsten von der Pfalz und aus Wien Briefe in Berlin einliefen, welche einige Auskunft über die Präcedenzien des viel versprechenden Künstlers gaben und vor Diesem warnten. Zudem bestätigte, sich nicht, was Caetano über die Bereitung des Steins der Weisen anzugeben sich herbeiliesss; er muss etwas Wesentliches verschwiegen haben, denn das nach seinem Recept (Dippel hat es mitgetheilt) von Königlichen Commissarien angefertigte Präparat war ganz wirkungslos. Man sprach nun ernstlicher und wahrscheinlich weniger ehrerbietig als früher mit ihm, worauf er nach Hamburg entwich; aber er wurde zurückgeholt und auf die Festung Küstrin gebracht. Allen Glauben an seine Kunstfertigkeit hatte man noch nicht verloren, denn seine Vorstellungen, in der Festung könne er unmöglich arbeiten, wurden doch so weit berücksichtigt, dass man ihn wieder nach Berlin kommen, hier aber unter einiger, allerdings nicht ausreichender Bewachung halten liess. Er versprach jetzt fleissig zu experimentiren, soll auch da noch 32 Mark Quecksilber zu Silber und 40 Loth des ersteren Metalles zu Gold umgewandelt haben, fand aber auch die Mittel und Wege, nach Frankfurt am Main zu entweichen. Auf Preussische Requisition da aufgehoben wurde er zum zweiten Mal nach Küstrin gebracht, und nun in engem Gewahrsam ernstlichst angegangen, seine Versprechungen zu erfüllen. Dies geschah nicht, und da man sich schliesslich überzeugte, es fehle ihm nicht etwa nur der gute Wille sondern auch etwas Wesentlicheres, wurde ihm als Betrüger der Process gemacht und er Ende August 1709 in später anzugebender Weise gehenkt.


aus: Karl Christoph Schmieder: Geschichte der Alchemie. S. 471 ff. Halle 1832.

Unter den Aposteln, welche Laskaris sendete, hat keiner mehr Ruf erlangt, als Johann Friedrich Botticher, geboren zu Schleiz im Vogtlande, welcher zu Magdeburg, wohin seine Mutter sich zum zweiten Mal verheirathete, erzogen ward, im Jahre 1701 aber in der Zornschen Apotheke zu Berlin als Lehrling stand.

Laskaris besuchte in demselben Jahre Berlin im Aufzuge eines Mannes von Stande, um alles Sehenswürdige zu sehen. Gelegentlich erkundigte er sich bei dem Gastwirthe, ob es in Berlin auch Alchemisten gebe. An dergleichen Narren sey kein Mangel, entgegnete treuherzig der Wirth, und nannte unter Anderen den Apotheker Zorn. Der Fremde verfügte sich bald darauf in die genannte Officin und fragte nach einem chemischen Medikament. Der Provisor trug einem Gehülfen auf, "den Laboranten zu rufen". Es erschien ein junger Mensch, der Lehrling, wie sich ergab. Auf die Frage des Fremden, ob er dem Laboratorium vorstehe, da man ihn Laborant nenne, gab er gutmüthig lachend zur Antwort, man nenne ihn so zum Spaß, weil er in seinen Nebenstunden zuweilen alchemistische Experimente mache. Der fremde Herr fand Gefallen an dem jungen Menschen, und hoffte von ihm die beste Auskunft über die Arbeiten seines Principals zu erhalten. Zur Einleitung einer näheren Bekanntschaft trug er ihm auf, ein Präparat vom Antimonium zu machen und ihm dasselbe ins Gasthaus zu überbringen.

Als Bötticher das Bestellte brachte, und der Fremde mit ihm plauderte, ward er bald zutraulich, Und gestand, daß er den Basilius Valentinus besitze, auch unverdrossen nach ihm arbeite. Er wiederholte seitdem seinen Besuch und gewann immer mehr die Gunst des Fremden. Als dieser endlich abreisen wollte und die Pferde schon warteten, eröffnete er dem Herbeigerufenen, daß er selbst Inhaber des Geheimnisses sey, schenkte ihm zwei Unzen von seiner Tinktur, mit der Anweisung, daß er noch einige Tage nach seiner Abreise davon schweigen, dann aber die Wirkung derselben zeigen solle, wem er wolle, damit man in Berlin die Alchimisten nicht mehr Narren schelte.

Nach des Gebers Entfernung säumte Bötticher nicht, sich von dem Werthe des Geschenkes zu überzeugen. Den Gehülfen, die ihn bis dahin verspottet hatten, zeigte er bald gutes Gold als Ergebniß seiner Kunst, und äußerte vornehm, er sey nicht abgeneigt, der Pharmacie Valet zu sagen, nach Halle zu gehen, und Medizin zu studiren. In der That nahm er den Abschied von seinem Principal und bezog eine Mieth-Wohnung. Nur mit Alchemisten verkehrte er nun, vornehmlich mit einem Laboranten, Namens Siebert, welcher in einer Vorstadt wohnte.

Eines Tages ward Bötticher von dem Apotheker Zorn zu Tische gebeten. Er traf dort zwei Fremde, den Pfarrer Winkler von Magdeburg und den Pfarrer Borst von Malchow. Die Geistlichen vereinigten sich, dem jungen Manne Vorstellung zu thun, daß er zum sichern Broderwerb zurückkehre und nicht einer eingebildeten Kunst nachhänge. Das Unmögliche, sagten sie, würde er doch nicht möglich machen. Er aber erbot sich rasch, daß er jenes Unmögliche sogleich möglich machen wolle, und forderte sie auf, Zuschauer abzugeben. Die ganze Tischgesellschaft verfügte sich darauf mit ihm m das Laboratorium der Officin.

Hier nahm Bötticher einen Tiegel und wollte Blei darin schmelzen; als aber die Gegner sein mitgebrachtes Blei verdächtig finden wollten, wählte er statt dessen Silbergeld von bekanntem Gehalt. Die preußischen Zweigroschenstücke waren damals fünflöthig, und von diesen nahm er dreizehn Stück, die zusammen drei Loth wogen. Während sie zusammenschmolzen, brachte er eine silberne Büchse hervor, und nahm aus ihr den Stein der Weisen, in Gestalt eines feuerrothen Glases. Davon löste er einige Körnchen ab, streute sie auf das fließende Metall, und verstärkte das Feuer. In Kurzem reichte er den Zweiflern das ausgegossene Metall dar, und sie überzeugten sich, daß es zum schönsten Golde geworden sey.

Dem vorerwähnten Laboranten Siebert zeigte Bötticher eine größere Transmutation in anderen Metallen. Siebert mußte acht Loch Quecksilber in einem Tiegel heiß machen. Darauf warf Bötticher soviel als ein Hanfkorn groß von einem braunrothen. Pulver, welches er zuvor in Wachs inpastirt hatte. Dadurch wurde das Quecksilber ganz und gar in Pulver verwandelt. Dieses Pulver wickelte er in acht Loth zusammengerolltes Blei und ließ es zusammen schmelzen. In einer Viertelstunde war alles Metall, sechzehn Loth ohne Abgang, zu feinem Golde geworden.

Diese und andere Proben, welche Bötticher neugierigen Bekannten zeigte, machten ihn bald zum Helden des Tages in Berlin, und das um so mehr, da er nicht für gut fand, die Wahrheit zu gestehen, sondern vorzog, sich selbst als Erfinder und Verfertiger des Pulvers bewundern zu lassen. Man konnte nicht umhin, ihm das zu glauben, da man von Laskaris nicht wußte, wol aber bei Zorn von dem Laboranten hörte. Die Erfahrnen nannten ihn gereimt den Adeptus ineptus, und prophezeieten ihm Unheil, welches bald in Erfüllung ging. Die Stadtgespräche drangen durch die Vorzimmer des Königes. Friedrich der Erste ließ nach fragen, und fand dienlich, sich des jungen Adepten zu versichern. Schon war Befehl ertheilt, ihn zu verhaften, als ein Bekannter ihn warnte. In der Nacht verließ er zu Fuße Berlin, und eilte, Wittenberg zu erreichen. Als er über die Elbe gesetzt ward, sah er hinter sich ein preußisches Kommando, das man ihm nachgeschickt hatte.

In Wittenberg wohnte seiner Mutter Bruder, der Professor Georg Kaspar Kirchmaier, welcher unter den alchemistischen Schriftstellern schon angeführt wurde. Bei ihm wäre Bötticher geborgen gewesen und hätte seinen Mentor gefunden; allein der preußische Hof reklamirte ihn in Dresden als einen Magdeburger und preußischen Unterthan. Der Grund dazu war bei dem schon erregten Aufsehen kein Geheimniß, und machte den sächsischen Hof aufmerksam. Ausgeliefert ward er nicht, weil sich ergab, er sey in Sachsen geboren; aber König August der Zweite ließ ihn nach Dresden bringen, und war sehr erfreut, daß ein so seltener Vogel ihm zugeflogen sey, indem die Nachrichten aus Berlin nicht zweifeln ließen, er sey wirklich ein Adept. …