Quellen zur "alchemistischen Gesellschaft zu Nürnberg"

Johann Georg von Eckhart: Lebensbeschreibung des Freiherrn von Leibnitz, in: Christoph Gottlieb von Murr: Journal zur Kunstgeschichte und zur allgemeinen Litteratur. 7, 123, Nürnberg 1779.

… Er wollte hierauf in seinem Vaterlande in Doctorem Juris promoviren: es wurde ihm aber seiner Jugend halben, von dem damaligen Decano Facultatis, aus Angeben dessen ihme nicht eben wohl wollenden Frau, vor diesmal versaget, wie er mir verschiedentlich selber erzehlet. Dies ging Ihm so nahe, daß er gleich darauf nacher Altdorf reisete, und daselbst mit allem applausu in eben dem 1666. Jahre Doctor Juris wurde. … Wie also unser Seel. in Altdorf lebete, und Leipzig den ihm angethanen tort zu spät bedauerete, ging er weiter fort, und suchte sich im Jure sowohl als in andern Wissenscahften zu perfectioniren. Er besuchte alle gelehrte Leute in dem benachbarten Nürnberge und sochte von ihnen zu profitiren; unter andern bekam er Kundschaft von einer gewissen Gesellschaft gelehrter und anderer Männer, welche mit dem gesamten Rath und Hand allerley Chymische Operationen in geheim machten, und den lapidem Philosophorum finden wollten. Wie er nun auf alles curieux war, und also auch gerne in Chymicis sich exercieren wollte; so bedachte er auf allerley Mittel, wie er zu diesen arcanis einen Zutritt haben möchte. Der Director der Gesellschaft war ein Priester.*) Er ersonne also diese List, wie er mir mit Lachen verschiedenmahl selbst erzehlet. Er nahm tiefsinnige Chymische Bücher vor sich, laß darinnen und notirte sich die obscuresten Redensarten. Aus diesen machte er an besagten Priester einen Brief, den er selbst nicht verstunde, und bath zugleich um admission in die geheime Gesellschaft. Der Priester diesen Brief lesend, meinte nicht anders, als der junge Leibnitz wäre ein würcklicher adeptus, introducirte ihn nicht allein ins Laboratorium, sondern bath ihn auch, vor eine gewisse pension ihr Gehülfe und Secretarius zu seyn. Er nahm dieses an. Sein Amt ware, alle daselbst gemachte processe zu registriren, und die berühmtesten Chymisten zu ihrem Gebrauch und nach ihrer Anleitung zu excerpiren. In diesem Stande war er, als der berühmte Chur-Maintzische Minister Herr von Boineburg durch Nürnberg reisete und von ungefähr im Wirtshause an einem Tische mit unserm Seel. speiste. **) Er verfiel bald mit ihm in gelehrte discurse, und wie er sahe, wie trefflich dieser in allen Wissenschaften, und daneben auch im Jure erfahren wäre, ermahnte er ihn, dem letztern weiter nachzuhängen und die Historie aus dem Grunde zu erlernen. Er versah ihn auch, seiner bey seinem Herrn, dem Churfürsten Johann Philipp von Schönborn, eingedenk zu seyn und sein Glück zu machen.

*) Daniel Wülfer, Prediger bey St. Lorenzen, war der Vorsteher dieser schon seit 1654 gestifteten Gesellschaft, in welcher mehrere berühmte Leute waren. Z. B. Joh. Georg Volkamer, Justus Jakob Leibnitz, Prediger bey St. Jakob, &c. dieser schrieb in einem seiner Briefe (von denen ich Volkammers eigenhändige Concepte habe) an den Adepten Franz Gaßmann in Wien, der sich insgeheim Pantalone nannte; im März 1676: Ego, ut verum fatear, iam in quadraginta annis serio huic Chemiae studio vacui &c. Ihre Arbeiten gingen vornämlich aus dem Vitriol. Herr v. Leibnitz übersetzte damals das Rätsel des Basilius Valentinus (s. Transskript aus Miscellanea Berolinenesia, Berlin 1710, S. 16)
**) Andere Nachrichten sagen, daß unser Prediger Leibnitz, der sein bloser Namensverwandter war, oder auch der Prediger Dilherr, ihn mit dem Baron von Boineburg bekannt gemacht habe; es ist aber wohl die Eckhartische Erzählung glaubwürdiger. v. M[urr].

Johann Georg von Eckhart war Sekretär und Nachfolger von Gottfried Wilhelm Leibniz beim Welfischen Hause in Hannover. Er ist der erste Biograf (1717) von Leibniz.


Leben Johann Leonhard Stöberleins, ehemaliger Besitzer der Apotheke zur goldenen Kanne in Nürnberg.

In: Vermischte Beyträge zur Geschichte der Stadt Nürnberg, herausgegeben von Georg Ernst Waldau, 4. Band, Nürnberg 1789. S. 391 ff.

… Er [Johann Leonhard Stöberlein] sammelte eine kostbare und auserlesene Bibliothek, Naturalien, Medaillen und Kunststücke. Er unterhielt einen starken Briefwechsel mit Gelehrten, besonders mit den vornehmsten Aerzten seiner Zeit, die ihm ihre Erfahrungen und Entdeckungen mittheilten, aber auch seiner in öffentlichen Schriften rühmlichst erwähnten.

Er hielt wöchentlich eine Gesellschaft von Gelehrten und andern Freunden in seinem Hausse. Prediger Wülfer, Joh. Ludwig Faber, Erasmus Francisci, Jacob Gräsl, Andreas Ingolstetter, Joh. Conrad Einwag, Georg Winter, u. a. m. waren Gesellschafter. Des Francisci höllischer Proteus erhielt sein Daseyn in Stöberleins Hauße, und zwar auf folgende Art. Die Gegenstände, womit sich jene Männer bey ihren Zusammenkünften unterhielten, waren vorzüglich die Fortschritte, welche sie in der Kunst, Metalle zu veredeln und zu verwandeln, von Zeit zu Zeit gemacht hatten, und die sie einander mittheilten. Denn es ist bekannt, daß damals zu Nürnberg eine Gesellschaft von Adepten, Alchimisten, Goldmachern &c. existirte, deren Haupt Prediger Wülfer war, und in die sich selbst der große Leibnitz hatte aufnehmen lassen. Zu ihren Unternehmungen und Versuchen gab Stöberlein das Laboratorium seiner Officin her. Weil dieser Mann sehr reich war, so glaubten damals viele, er besäße die Kunst, Gold zu machen, — und zwar verbreitete sich dieser Glaube desto wirksamer, weil er ein thätiges Mitglied dieser Gessellschaft war.

Zur Erhohlung von chemischen Arbeiten hatten die Mitglieder unter einander festgesetzt, daß jedes von ihnen allemal ein Gespenster-Histörchen, gleichsam zum Nachtische mitbringen müste. Einige Zeit hindurch fehlte es den Mitgliedern nicht an Stof; denn damals gab es dergleichen in Ueberfluß, und fast überall spukte es. Endlich ward aber doch der Gespenster-Kram, so reichhaltig er auch war, ausgeleert und Niemand war im Stande, neue Gespenstergeschichtchen zum Besten zu geben. Francisci ward darüber unwillig und sagte, wenn sie gleich keine wüsten, so sollten sie doch wenigstens einige erdichten. Die Mitglieder liessen sich dieß nicht zweimal sagen, ersannen die abentheuerlichsten und fürchterlichsten Gespenstermährchen, theilten sie der Gesellschaft mit, und — Francisci machte ein Ganzes daraus, dem er den Titul, Höllischer Proteus, gab.


Christoph Gottlieb von Murr: Litterarische Nachrichten zu der Geschichte des sogenannten Goldmachens. Leipzig 1805. S. 79 ff.

1654 wurde in Nürnberg eine alchemische Gesellschaft gestiftet, welche fast bis zum Anfange des XVIII. Jahrhunderts dauerte. Daniel Wülfer, Prediger bey St. Lorenzen, war der Vorsteher derselben. Die Mitglieder bestunden meist aus berühmten, gelehrten, und reichen Leuten, z. B. D. Johann Georg Volkamer, dem älteren, Justus Jakob Leibnitz, Prediger bey St. Jakob, Hieronymus Gutthäter, einem reichen Kaufmanne, dem der berühmte Johann Scultetus, oder Scholz, die in das Deutsche übersetzte Rede Joh. Takii, von der Goldgeburt (Nürnberg 1668. 12.) dedicierte. Volkamer schrieb in einem seiner Briefe (von denen ich seine eigenhändigen Concepte besaß) an den Adepten Franz Gaßmann, oder Pantaleon, in Wien, im März 1676: Ego, ut verum fatear, iam in quadraginta annis serio huic Chemiae studio vacaui etc. Ich bedaure des guten Mannes verlorne Zeit. Ihre Arbeiten gingen vornämlich aus dem Vitriol. Ich besaß viele vergoldete Blätter, die einer dieser alchemischen Societät zusammentrug. Sie waren in einem schönen zierlich vergoldeten Bande nebst vielen leeren Blättern gebunden. Hier ist eine Probe davon:

C. H. Artista. (Dies war Christoph Heiling, ein Bordürenwürker allhier, der noch im Alter 1695 mit seiner Alchemie spuckte, wie wir unter sehen werden.) [siehe Quelle]

Als Leibnitz 1666 sich in Nürnberg aufhielt, machte er Bekanntschaft mit dem berühmten D. J. G. Volkammer, den er auch 1688 bey seiner Durchreise nach Italien wieder besuchte. Er bekam Nachricht von dieser geheimen chemischen Gesellschaft, notire sich aus alchemistischen Büchern die obscuresten Redensarten, und schrieb an den Vorsteher, Daniel Wülfer einen Brief, den er selbst nicht verstand, in welchem er um Admission in die geheime Gesellschaft bat. (In ep. Ad Bierling, 16. Mart. 1712: Danielem Wülferum ego adolescens Noribergae saepe adii, et aliis eo tempore viris doctis Noribergensibus familiaris fui. S. m. Journal zur Litteratur, 7 Th. S. 137 u. f.) Wülfer, diesen Brief lesend, meinte nicht anders, als wäre der junge Leibnitz ein wirklicher Adeptus, introducierte ihn nicht allein ins Laboratorium, sondern bat ihn auch, für eine gewisse Pension, ihr Gehülfe und Secretarius zu seyn. Sein Amt war, alle daselbst gemachte Processe zu registrieren, und die berühmtesten Chemisten zu ihrem Gebrauche, und nach ihrer Anleitung, zu excerpiren. Er verließ aber bald nachher diese Grillen-Gesellschaft.

In den Miscellanis Berolinensibus, T. I. pag. 22 steht das damals von ihm in lat. Verse übersetzte Räthsel des Basilius Valentinus: xxx (Fr. Basil. Valent. Chymische Schriften. Hamburg. 1768. S. 145. Konr. Schülers Auslegung der Rhythmorum Fratrus Basilli, Tübingen, 1606. 8. Eisleben 1608. 8.)

Der Bortenwürker Heiling verführte mehrere Leute, die sich bisher redlich genährt hatten, zu seinen alchemistischen Narrheiten. Noch in seinem Alter verführte er einen geschickten Kunstdreher, oder Silberarbeiter, Friedrich Kleinert, der sich von 1680 an auf das Medaillenprägen legte, und insonderheit die Randschriften auf denselben sehr künstlich verfertigte, welche alle andere an Nettigkeit übertrafen.

Ueber die Kunst, Silber zu machen schloß er 1695 mit dem Kammerrath Meyer in Anspach einen Contract, vermöge dessen dieser dem Kleinert 60000 Gulden für die Mittheilung seiner Kunst versprochen, und davon bereits 30000 fl. ausgezahlt hatte. Nun fing Kleinert an, Häuser zu kaufen und zu bauen. Sowohl sein Lehrer, Christoph Heiling, der ihn die Fixirung des Mercurs lehren wollte, als auch ein Landstreicher, Julius Hartmann, von Freyberg gebürtig, der ihn auch das Goldmachen zu lehren versprach, hintergingen ihn schändlich. Der letztere ging mit 5000 fl. durch, die ihm Kleinert ausgezahlt hatte. Dieser konnte die Bauleute nicht mehr bezahlen, er mußte Meyern sein Geld wieder ersetzen, andre Gläubiger brachen gegen ihn los, so daß er in die Rathhausvogtey gesetzt, und am 12. December 1696 ein scharfes Mandat, Alchymisterey betreffend, publicirt wurde. Kleinert mußte das Ayrmannische Haus in der äußern Laufergasse, das er um 9000 fl. gekauft hatte, wieder verkaufen, und sein Eidam, Georg Sebald Krauß, Diac. Laur. mußte bezahlen helfen. Darüber wurde Kleinert melancholisch, sprang den 27. März 1697 auf der Barfüßer Brücke in die Pegnitz, und schwamm auf dem Rücken bis an die Fleischbänke, wo man ihn herauszog. Er erholte sich wieder, fing an zu arbeiten, kam nicht mehr unter die Leute, und starb den 28 July 1714 in seinem 82sten Lebensjahre.

Von dem Rothgießer oder Rosenkreuzer, der am 27. December 1666 den D. Helvetius im Haag besuchte, handelt weitläuftig Wegener im Adepto inepto, S. 331 u. f. und Torbern Bergmann in seiner Geschichte der Chemie, S. 192 u. f., wo bey des sel. Wieglebs herrliche Erläuterungen zu Rathe zu ziehen sind.

Spinoza bestätigt in seinem 45sten Schreiben diese Geschichte des D. Helvetius oder Schweizers.

D. J. G. Volkamer der ältere*) correspondirte mit vielen sogenannten Adeptis, z. E. mit Pantaleon, (D. Franz Gaßmann in Wien)1676**); Joh. Ludwig Hannemann ***) 1692, mit Kunkeln, wegen des Phosphori und Rubinglases, und mit Georg Ferdinand von Perney oder Pernauer vom Jahre 1678 bis 1685.

*) Im Jahre 1662 hatte er das berühmte Steinpulver erfunden, mit welchem er wichtige Kupen, besonders an dem kaiserl. Geh. Rath zu Inspruck, Hrn. Isaak Vollmar, gethan hat. Man sehe sein Sendschreiben an Hrn. Sebast. Scheffern, der Arztneykunst berühmten Doctorem in Frankfurt, von der Blasen- und Lendenstein-Kur. Bey der Verbindung seiner Tochter mit Hrn. D. Gottfried Thomasius 1691 übergab er diesem Ehepaare solches Arcanum zum Anfange der Haushaltung. Es sind ihm öfters etliche tausend Gulden vergeblich dafür angeboten worden. Hrn. Prof. S. Wills nürnb. Münzbelust. I. Th. S. 272.
**) Pantaleonis Bifolium metallicum de Lapide philosophorum. Norimb. 1676. 8. Wider diese, und die andern zwey Schriften D. Gaßmanns (Examen Alchymisticum, und Tumulus Hermetis apertus, welche auch 1677. 8. in Nürnberg deutsch erschienen) kam nachmals heraus: Falx in Bifoliumn; Processus contra Examen alchymisticum; Tumulatio tumuli Pantaleonis, ab anonymo Auctore edita, etc. Ex Biblioth. Frid. Rothscholzii, 1752. 8. Volkamer correspondirte auch mit ihm über Alexander Suchtens Sulphur antimoni, dessen Schrift, de secretis Antimonii, liber unus in Basel 1575. 8. und deutsch schon vorher 1570 und wieder zu Gera 1613. 8. unter dem Titel: Antimonii mysteria gemina herauskam. Im Jahre 1680 wurden dessen chemische Schriften zu Frankfurt am Mayn in Octav mit einander herausgegeben. Von dieses Suchtens Nachbetern kommt das Sprüchelchen: Fige sulphur antimonii cum oleo Vitrioli.
***) S. dessen Opum hermeticum ets Francof. 1694. 8. p. 384.

Im J. 1678 war ein Chemiker, der sich Salzacker, oder auch Rothmeyr nannte, in Nürnberg bey ihm, und im J. 1680 ein gewisser Damascenus, der auch mit dem Apotheker Johann Leonhart Stöberlein vieles laborirte. Dieser Damascenus sagte mit Recht, man müsse blos durch die Fermentation und Präcipitation procediren, die Salze seyen die Schlüssel der Körper, aber sie müssen vorher (so wie auch Vitriol und Antimonium) durch beydes von ihrem Schwefel befreyet und homogen gemacht werden; es müsse auch der rechte Spiritus Vini von seinem Schwefel entbunden, und nach der Lehre des Basilius Valentinus gemacht werden. Diesen brauchte er zu seinem soluente universali.

Unter andern schrieb Volkamer an Gaßmann also:

In Examine Alchymistico, (Norib. 1676. 8) p. 15. liquoris lactei ponderosi mentionem fecisti. Memini hicce Norimbergae fuisse quendam Doctorem Anglum Schildkrot nuncupatum, quitalis liquoris beneficio etiam tincturam extraxit. Descriptionem vero ejus sophicam quis praeter Adeptum potuerit interpretari?

Erasmus Schildkrot war kein Engländer, sondern ein Preuße, aus Königsberg gebürtig, ein berühmter Arzt, von dem man in Nürnberg sagte, er besitze das Geheimnis, Gold zu machen. Nicht er, sondern Marr Landauer, stiftete bereits 1467, am Pfintztag (Donnerstag) nach St. Michaels Tag, (wie der Stiftungsbrief sagt) das man alle wochen eins yeden Freytags, zwu hore (horae) auf den Tag zweintzig Hawsarmen menschen, die Burger vnd Burgerin zu Nurmberg sind, und nicht offenntlich betteln, noch auch das reich almusen nicht haben, das Burkart Sayler seliger (am Samstage vor St. Veits-Tag, 1388) gestifft hat. zu ainer enthaltung ir leibsnarunge der yedem geben soll, Ein schilling in golde, der zweinzig einguldin machen &c. Dieser Marr Landauer war ein reicher Kupferhändler und Beckschlager in der untern Beckschlagergasse. Sein Sohn Matthäus Landauer († 1515 ) kaufte am Pfintztag nach St. Ottmarstag, 1501 den Grund und Boden zu dem Zwölfbrüderhause hinter Allerheiligen. Der Stiftungs-Brief ist datiret, am Montag nach sanno Sebastianstag, den ainundzwainzigistentag des monats January. Nach Christi unsers lieben Herren geburd Tawsend Funnffhundert und in dem zehenden Jaren. Er wurde am 23. Jänner eben dieses Jahres 1510 von einem Hochedeln Rathe bestättiget. Es muß damals die französische Krankheit schon sehr gemein gewesen seyn, weil eine eigene Rubrik davon vorkommt.

Hinfallend siechtagen Außsatz und mala Frantzosa.
Ob aber der bruder ainer mit dem awssatz, dem hinfallenden siechtagen oder der krannkheit der Frantzosen begriffen wurd, der soll bey den andern brudern mit gelitten, Sonnder zu stunnd geurlawt werden. Ich halte die ganze Erzählung von der Freundschaft D. Schildkrots mit Matthes Landauer für ein Mährchen, so wie die Beschreibung der Goldblume uff der Mögeldörffer wiesen zu Nürnberg, welche 1633 gedruckt worden, und in Peter Johann Fabri hellscheinender Sonne am alchemistischen Firmament &c. (Nürnberg 1705. 8.) Num. 7 wiederholet ist. Matthes Landauers Bildniß hat I. A. Böner 1666 in Kupfer gestochen.

Aus einem Briefe P. Leinkers an J. G. Volkamer den ältern.

Den Wenzel betreffend, daß ihn ein Graf soll überlaufen haben, und die Tinctur vor einem Prior extorquiren wollen &c. Diese Historie wird hie anders gemeldt. Es habe vor etwan 4 oder 5 Jahren ein Graf von Bahr (Paar), welcher mehrentheils in Spanien in Kayserl Ambassada gewesen, alldort einen Lapidem elaborirt, oder herausgebracht, welchen er zwar Ihro Kayserl. Majestät gezeiget, der ihm aber wieder zurück gegeben worden sey. Selbiger Graf sey hernach krank worden, und habe in praesentia der spanischen Königin Beichtvaters Ordinis s. Francisci, sein Testament gemacht, und seinem Bruder, dem Grafen von Bahr allhier, gewesten Ober-Postmeistern (welcher auch vor zwey Jahren gestorben), unter andern die Tinctur vermacht, welche er in einem verschlossenen Kästlein zu seyn entdecket. Es soll zuvor der Wentzel mit diesem Grafen umbgangen und bekannt gewesen seyn, und dieses observirt haben. Nach etlichen Tagen bey Eröffnung des Testaments will des Verstorbenen Bruder den ihm vermachten Schatz aus dem bezeichneten Kästel herausnehmen, findet aber keine Tinctur, dahero er in der Nacht noch zu dem Franciscaner : Kloster eilet, und zu dem spanischen Pfaffen oder Beichtvater begehret. Man hat ihn aber nicht hineingelassen, bis er die Porten selbst aufdrehen lassen, und in des gedachten Pfaffen Zelle geeilet, in Meinung, daß ihme derselbige die Tinctur surripuirt hätte, welcher aber auf den Knien seiner zu verschonen, gebethen, und die Suspicion auf den Wenzel geworfen, welcher sonsten mit dem verstorbenen Grafen umgegangen. Man hat ihm auch deswegen in seinem Kloster zugesetzt, hat aber durchaus nichts gestehen wollen. Vorhero aber soll einer in seinem Closter Saluaguardia gesucht haben, er anderswo einen erschossen hat, so auch die Tincturam gehabt, welchen der Wenzel im Closter zu bedienen, zugegeben worden. Mit diesem soll er bekannt worden seyn, und die Tinetür erblickt haben. Nach vielen Bitten erhielt er vom possessore einstens zu Nachts einige Manuscripte durchzulesen, die er aber noch selbige Nacht, mit Zuthuung mehrerer Bestellten, abcopeyet, und Morgens wieder zugestellet. Nach einiger Zeit ersah er eine Gelegenheit das Trühel zu eröffnen, und einen Theil der Tinctur zu sich zu nehmen, welches jener bald darauf gemerket, und im Closter großes Lamentiren gemacht, es habe ihm jemand etwas hoch importirliches entwendet (ohne Benennung, was es sey), worauf er auch von seinem Priore hart soll gehalten, und ihm zugesetzt worden seyn, dem er aber nichts gestanden. Es sey dieses wie ihm wolle: Vor 8 Tagen habe ich ihm zum erstenmal aufgewartet, und carptim, was an ihm zu thun, abgenommen, und reuet mich, daß ich nicht ehender mit ihm bekannt worden. Unter andern Discoursen brach er also aus, daß er zu dem Goldmachen ganz unschuldig komme, indem er die Sache nicht verstanden, nie damit umgegangen, auch nicht einige von diesen Sachen handelnde philosophische Narretheyen (also nenneter der Philosophorum Sprüche, Parabolas, und Bücher) verstanden, noch dato verstehe; (wie er dann inter varias collocutiones solche andere kurzweilige Ausdeutungen anderer Sachen, so daher nicht gehörig, verglichen) sondern er habe ungefähr unschuldiger Weise eine Tinctur, mit welcher er anfangs närrisch und liederlich sey umgangen, nebenst einigen Manuscripten gefunden, und alle seine Processe und Philosophia sind gewesen ein Oefelein von 4 Mauerziegeln, und ein Tiegel mit Zinn, worauf er eine geringe Dosin seines nicht verstandenen Pulvers geworfen, und ein plus quam perfectes Gold herausgegossen. Es werde ihm aber vorgeworfen, daß es ihm, als possessori dieses Schatzes, nach Lehre der alten Philosophen, nicht zustünde, sich Caesari, oder einigen Potentaten, zu erkennen zu geben. Insonderheit soll einer in Schweden in einem Tractätlein seiner gedenken, daß er von ihm Wentzeln dieses gehört habe, der sich auch hieran ärgert; item daß er ein Leben führe, so den veris philosophis nicht zieme, welche ihm der Kaiser selbst zu lesen übergeben. Ueber diesen Auctorem ist er nicht wohl zu sprechen. Er bedienet sich der Entschuldigung, er gestehe es gerne, daß die Tinctur nicht von ihm elaborirt, daß er sie aber Kaiserl. Majestät geoffenbaret, reue ihm nicht: wenn es auch nicht geschehen wäre, wolle ers noch thun, weil er des Caesaris Milde erkenne. Zudem (sagt er) habe er es auch aus Noth hun müssen, weilen ihme die Blut-Pfaffen so unaufhörlich nachsetzten, daß er entweder luthrisch müssen werden, oder, wie geschehen, sich einer hohen Majestät Protection ergeben, weil er schon verrathen gewesen. Bisher seine Worte, womit er sich gegen mich zum erstenmal ausgelassen, und mich ferner invitirt mit Versprechen, nach Begehren mich in das geheime kaiserliche Laboratorium zu Hof oder in der Burg (dahinein er von seiner Wohnung und Laboratorio auf der Bastey die Schlüssel hat) zu führen. Er hatte damals eben einen Denkring am Finger von drey Ringen, welchen ihm, nebst dem Proceß, der Kaiser zugesandt zu probiren, der gedachter Kaiserl. Majestät von einem Pfaffen offerirt worden. An der Farbe ist der Ring etwas bleich, schier wie Rhein-Gold, welches er auch nur für ein Mercur. coagul. tinct. gehalten, wie auch kürzlich der Proceß, den ihm zugleich der Kaiser geschickt, obiter gezeigt, welchen ich, wenn ich ehender mit ihm bekannt gewesen wäre, zu lesen begehret und erhalten hatte. Weil er aber seit deme, wie mir berichtet wird, diese Ring aufm Test Capel, in Scheidwasser, und in allen Proben versucht, und gut befunden, hält er dieses nunmehr secret, und läst nichts mehr in andere Hände kommen. Der Anfang des Processes ist zwar auf eine schier gemeine Weise eines Mercur. coag. Sonsten habe ich nichts gründliches vernehmen können.

Wenzels Proceß aus dem mit flüchtigem Alkali behandelten Arsenik ist durch Bergmann bestätigt.

Daß der Spiesglanzkönig, ein Halbmetall, das über das Gold gar keine Macht hat, niemals eine Hauptmaterie zur Veredlung der Metalle auf dem Universalwege abgeben könne, ist allen großen Chemikern bekannt, und sie lachen über des Basilius Valentinus sogenannten Triumphwagen des Antimonii, wenn man daraus das Goldmachen erlernen wollte. Man lese nur, was der große Kunkel in seinem Laboratorio chem. S. 452 schreibt. Kurz, da der Spiesglanzkönig zu wenig saures Schwefelsalz in sich hält, so kann er unmöglich was großes ausrichten. Höhere Chemisten werden mich verstehen. Der durch den mit Eisen gemachten Spiesglanzkönig (regulus martialis) erhaltene unächte, und irrig sogenannte Goldkalk geht auf der Capelle in Rauch und Schlacken mit fort. Weil dieser viel schwärzer, als ein wahrer Goldkalk ist, so heißen ihn die Alchemisten nigrius migro, und versuchen ihn zum Particularwege, das Silber zu Golde zu veredeln. Das ungarische Antimonium führet öfters Gold bey sich, und Herr von Justi erlangte einstmals in einem Processe aus dem Antimonio eine Goldscheidung, die in der Mark Silber fast drey Ducaten ausmachte. Als er das zu dieser Arbeit gebrauchte Spiesglanz selbst auf Gold probirte, so fand er, daß es drey Quint ein Gold im Centner hielt. So findet man in dem alten Kupfer in Oestreich nicht selten 4 bis 6 Loth Silber im Centner, davon die Mark oft 2 und mehr Loth Gold hält, weil man vor Alters nicht wohl mit der Seigerung zurechte kommen konnte.

Aus einem Schreiben Johann Böhms, aus Venedig den 22 Jänner, 1683 an D. Johann Georg Volkamer, den Vater.

Neues weis ich nichts, als dieses, was ich communiciret bekommen.
Recipe, 1 Theil gemeinen Schwefel, laß solchen in einem Tiegel schmelzen, wie Oel. Wirf 2 Theile Mercurii dazu, rühre mit einem eisernen Spatel den Mercurium stetig unter den Schwefel, so vermischen sie sich endlich, und wird aus beyden eine schwarze Masse: diese amalgamire mit einem starken oleo Sulphuris, daß es eine dünne Masse werde. Wickele davon 1 oder 2 Loth in ein Tüchlein, wickele der Tücher noch mehr darum, daß der Mercurius fein in der Mitte zu liegen komme; binde es mit einem Bindfaden hart zusammen. Lege solchen Ballen in ein starkes Kohlenfeuer, laß ihn darin, bis er durchaus wohl glühet, nimm ihn heraus, laß ihn erkalten, thue die Kohlen und Tücher davon. Ist es recht gethan, so wirst du den Mercurium zu einem rothen Pulver in der Mitte verbrannt finden: ist ganz fix, hat aber keinen ingress. Kann man ihm aber solchen geben, so ist es eine gewisse Tinctur.

Ein gewisser D. Johann Konrad Bardili, Stadtphysicus zu Nürtingen, im Würtembergischen, schrieb 1668 und 1669 viel an D. Volkamer von chemischen Processen, wie ich aus dessen Briefen, die jetzt in der Trewischen Bibliothek zu Altdorf sind, ersehen habe; allein es sind bekannte Sachen, die man in unsern Tagen besser weis, als damals.


Karl Christoph Schmieder: Geschichte der Alchemie. Halle 1832.

In Nürnberg bildete sich unter den dort zahlreichen Freunden der Alchemie im Jahre 1654 eine Alchemische Gesellschaft, welche bis 1700 bestanden hat. Man sammelte eine alchemische Bibliothek und unterhielt einen Briefwechsel mit auswärtigen Alchemisten. Die Gesellschaft hatte ihr Laboratorium, worin fortwährend gearbeitet ward. Der Ausfall und Erfolg der Versuche ward täglich aufgezeichnet, und in ihren Versammlungen berieth man sich über die Weise der Fortsetzung. Der Stifter und erste Director dieses Vereins war der Pfarrer Daniel Wülfer. Zu den vornehmsten Mitgledern gehörten damals Dr. Joh. Gottl. Volkamer, der Pfarrer Just. Jak. Leibnitz, der Arzt Joh. Scholz, bekannt unter dem lateinisirten Namen Scultetus, uznd Andere mehr. Mit dieser Gesellschaft stand auch der berühmte Philosoph v. Leibnitz in seiner Jugend einige Zeit in enger Verbindung, wodurch sie ein höheres historisches Interesse erlangt hat.

Gottfried Wilhelm Leibnitz hatte sich 1665 in seiner Vaterstadt Leipzig um den philosophischen Doktorhut beworben. Die Fakultät versagte ihn dem damals neunzehjährigen Jünglinge, ungeachtet seiner anerkannten ausgebreiteten Kenntnisse. Unwillig darüber verließ er Leipzig, kam 1666 nach Nürnberg, und besuchte den obengenannten Pfarrer Leibnitz, seinen Oheim. Durch dessen Vermittelung ward der junge Gelehrte in die Alchemische Gesellschaft eingeführt, nachdem er sie in einem Schreiben begrüßt hatte. Des Pfarrers alchemistische Bücher hatten den nach allem Wissen heißhungrigen Geist angezogen und gewährten dem zürnenden Apoll eine wohltätige Zerstreuung. Auch sagte wol die neue Situation dem judendlichen Muthwillen zu. Aus den obskursten Alchemisten zog er die obskursten Stellen aus, setzte so seinen Brief zusammen und die Gesellschaft in das höchste Erstaunen.

Man nahm ihn nicht allein als Mitglied auf, sondern besoldete ihn als Sekretär und eigentlichen Geheimschreiber der Gesellschaft. Sein Amt war, daß er die lateinischen Alchemisten excerpirt, die täglichen Processe registrierte, und die Korrespondenz führte. Da hatte man wol den Pegasus zum Karrengaul erkoren. Er hielt auch nicht lange aus und schwang nach einem Jahre schon die Flügel.

Jene amtliche Durchsicht der alchemistischen Literatur blieb inzwischen nicht ohne fortdauernde Einwirkung auf seine Studien, und die Alchemie war lange noch ein Gegenstand seiner ausgedehnten Forschungen, wie mehrere seiner von [Sebastian] Kortholt gesammelten Briefe beweisen. Er stellte selbst praktische Versuche an, schlug aber einen ganz anderen Weg ein, als die Nürnberger; denn während diese fest hielten an dem Visitando Interiora Terrae des Basilius, und nur aus dem Vitriol arbeiteten, suchte er die Prima Materia im Harnphosphor. Seine Arbeiten mit demselben hat er in den von ihm redigirten Berliner Miscellen, im ersten Bande, beschrieben.

Leibnitz′ens Antheil an der Alchemie bleibt, wennschon durch zufällige Umstände erzeugt, doch eine interessante Erscheinung. Wiewol die Philosophie, welche Er hervorbrachte, immer lauter ihre Stimme gegen die Wahrheit der Alchemie erhob und sie schon verfehmte, konnte Er noch in den letzten Jahren seines Lebens sich nicht entschließen, sie ganz zu verleugnen. "Übrigens", sagt er, "wage ich doch nicht, für unmöglich zu erklären, was ich für unwahrscheinlich halte. Die Wirkung des Schießpulvers würden wir zum Beispiel gewiß kaum glauben, wenn die tägliche Erfahrung uns nicht dazu nöthigte.".


Hermann Koop: Die Alchemie in Ältester und Neuerer Zeit. Ein Beitrag zur Culturgeschichte. Erster Teil. Heidelberg 1886. S. 231 ff.

Aber wenig halfen im siebzehnten Jahrhundert solche Zweifel an der Wahrhaftigkeit der Alchemie, solche Abmahnungen von der Beschäftigung mit der letzteren Dem gegenüber, was damals über die Möglichkeit der künstlichen Hervorbringung edler Metalle und die Existenz des Steins der Weisen hervorragendste Chemiker: von [Andreas] Libavius [1555 Halle, 1616 Coburg] an bis zu G[eorg]. E[rnst]. Stahl [1659 Ansbach, 1734 Berlin] gläubig behaupteten, was bezüglich der von ihnen selbst bewirkten Metallveredlung Autoritäten wie [Franciscus Mercurius] van Helmont [1614 Vilvoorde, 1699 Cölln (Berlin)] und [Johann Friedrich] Helvetius [1630 Cöthen, 1709 den Haag] zuversichtlich berichteten. Und zu solchen Männern kamen noch mehrere auf anderen Gebieten des Wissens als dem der Chemie oder diesem benachbarten berühmt gewordene, welche gleichfalls von der Möglichkeit überzeugt waren, die Alchemie könne das von ihr ersprochene leisten, oder doch wenigstens keinen Zweifel daran da laut werden liessen, wo eine Äusserung eines solchen wohl erwartet werden könnte, wären sie ungläubig gewesen. Francis Bacon Baron von Verulam (1561-1626) glaubte zwar nicht an den Stein der Weisen aber doch daran, dass Silber und wohl auch Kupfer zu Gold umgewandelt werden könne, und gab eine Anweisung, wie Dies wohl zu bewerkstelligen sei. Als am Ende des Jahres 1666 ruchtbar geworden war, welche merkwürdige Metallveredlung Helvetius im Haag mittelst des Steins der Weisen ausgeführt habe, theilte der damals in Voorburg beim Haag lebende Bened. [Baruch de] Spinoza (1632-1677) keineswegs die Ansicht Derer, welche die ganze Erzählung nur als des Verlachens würdig beurtheilten, sondern er hielt es — wie es scheint durch eine an ihn gelangte Anfrage veranlasst — der Mühe werth, sich genauer zu erkundigen, was an der Sache sei, und die von ihm gegebene Auskunft lässt in keiner Weise erkennen, dass er es als unmöglich betrachtet habe, die Sache sei so gewesen wie sie erzählt worden ist.

Gottfr. Wilh. von Leibnitz (1646-1716) trat in seiner Jugend in nähere Beziehung zu der Alchemie. 1666 kam er nach Nürnberg, wo 1654 durch mehrere Anhänger der Hermetischen Kunst eine (bis 1700 bestandene) Alchemische Gesellschaft gestiftet worden war, welcher auch sein Oheim, der Pfarrer Just. Jac. Leibnitz angehörte. Durch Letzteren in diese Gesellschaft eingeführt wurde der später berühmt gewordene Leibnitz Mitglied derselben und dafür angestellt, alchemistische Schriftsteller zu excerpiren, die in dem Laboratorium der Gesellschaft vorgenommenen Arbeiten zu registriren und die Correspondenz zu führen, in welchem Verhältniss er ein Jahr lang blieb. Aus ihm getreten hat er seine Kräfte Wichtigerem und Höherem zugewendet, aber Interesse für die Alchemie blieb ihm bis in seine letzten Lebensjahre*).

*) Noch in hohem Alter verschmähte Leibnitz nicht, sich mit der Deutung alchemistischer Räthsel zu beschäftigen (Miscellanea Berolinensia - - ex scriptis societati regiae scientiarum exhibitis edita, Berolini 1710, p. 16 ss.), und er gedenkt da auch seiner früheren intimen Beziehung zu der Alchemie. Das eine dieser Räthsel ist auf Arsenik, das andere auf Vitriol gedeutet; es könnten jedoch, meint Leibnitz (p. 22), die Alchemisten der Ansicht sein, unter beiden Bezeichnungen sei die nämliche Substanz zu verstehen: Nempe est in arcanis eorum schedis, ad quas aliquando, tanquam ad Eleusinia Sacra admissus sum, materia quaedam. cui utrumque nomen non inepte attribui possit. Was die künstliche Hervorbringung von Gold und Silber betrifft, so urtheilt Leibnitz da (p. 18), dass wenn diese Kunst als eine so leicht und mit solchem Yortheil auszuführende existire, wie es angegeben werde, sie mit Recht um des gemeinen Besten willen zu unterdrücken sei. Lieber möge er, dass Das gefunden werde, was Einige als möglich betrachten: aus dem Gold die Quintessenz auszuziehen wie aus dem Wein den Weingeist, und mit jener Quintessenz ein anderes Metall zu Gold umzuwandeln, wie mit Weingeist das Wasser zu Wein; Das würde Nichts einbringen, eher Etwas kosten, aber der Naturerkenntniss nützen. Doch mache Manches auch die Realisirung der letzteren Aufgabe nicht wahrscheinlich. Caeterum quod purum verisimile censeo, non ideo impossibile pronuntiare ausiin. Certe esse aliquid in natura, quäle pyrius pulvis (das Schiesspulver), nisi experimento convicti, aegre crederemus.

übergross war noch in den letzten Decennien des siebzehnten, in den ersten des achtzehnten Jahrhunderts die Zahl der Alchemisten, namentlich in Deutschland, und Diejenigen, welche sich für unterrichteter hielten oder ausgaben, klagten damals aus allen Tonarten, in ungebundener Rede nicht nur sondern auch in gebundener darüber, dass Leute aus allen Ständen und auch gar nicht für die Erlernung der Kunst ausreichend Vorgebildete sich der Alchemie zuwenden und meinen, sie könnten es darin zu Etwas bringen. So finden sich in der Deutschen übersetzung von Pantaleon′s [Franz Gassmann] Examen alchemisticum (in Lateinischer Sprache 1676 veröffentlicht), welche Fr[iedrich]. Rothscholz′ [1687 Herrnstadt, 1736 Nürnberg] Deutsches Theatrum chemicum im II. (1730 erschienenen) Theil hat, als bekannte Reime die folgenden:

  • Es will fast jederman ein Alchimiste heissen,
  • Ein grober Idiot, der Junge mit dem Greissen,
  • Ein Scherer, altes Weib, ein kurtzweiliger Rath,
  • Der kahl-geschorne Münch, der Priester und Soldat.

G[ottschalk]. E[duard]. Guhrauer: Gottfried Wilhelm Freiherr v. Leibnitz. Eine Biographie. Breslau 1846.

… Zu einer Zeit (sagt ein Geschichtschreiber) wo in ganz Deutschland der Kunstfleiß zu Boden lag, war, außer Nürnberg, nur noch Augsburg, der einzige Zufluchtsort des alten deutschen Kunstfleißes. Dieser Wohlstand, dieses rührige Leben und Weben hielt die Einwohner von jener Nachäffere der Franzosen ab, welche sonst überall, besonders da Fürsten und Höfe sich an die Spitze stellten, den alten guten Geist verderbte. Diese Haltung in Leben und Sitte machte auf Leibnitz Eindruck. In dem, einige Jahre später verfaßten "Bedenken über Securitas publica" tritt dies hervor, wo er für die Unabhängigkeit der deutschen Nation von ihrem Nachbarn jenseits des Rheins eifert. "Man sehe Nürnberg, ruft er aus, und etliche wenige andre Städte an, ob nicht darin noch die alten Trachten gelten, der meiste Luxus beschnitten, und daß ein solches eine große Ursache ihres annoch dauernden Florirens sei." — Für die Werke der bildenden Kunst, deren die Vater stadt Albrecht Dürers so viele aufzuweisen hatte, oder wie für die Denkmäler der Baukunst, war um jene Zeit der Sinn nicht gebildet genug, auch bei Leibnitz nicht; das Nützliche und andrerseits das Geheimnißvolle, das sich vielfach an die noch in der Kindheit befindliche Wissenschaft der Natur und ihrer Kräfte knüpfte, zog ihn weit mehr an. Damals, wie in unsern Tagen, bildete die Chemie, nur in ganz verkehrtem Geiste, den Mittelpunkt dieser Richtungen. Es gab in Nürnberg, wie in vielen deutschen Städten, eine geschlossene Gesellschaft der Rosenkreuzer, welche sich für Adepten hielten, und das, was sie nie besaßen, wenigstens eifrig suchten. Die Akten dieser Gesellschaft sind in Nürnberg bis auf die neueste Zeit auf bewahrt gewesen. In diese Geheimnisse eingeweiht zu werden, bot für Leibnitz Reiz genug. Er war aber jung und ohne Ansehen, und um diese Mängel zu ersetzen, bediente er sich einer List, woran er noch im höhern Alter, als er seinen Gehülfen davon erzählt, nicht ohne Lachen denken konnte. Er nahm, lesen wir bei Eccard, tiefsinnige chemische Bücher vor sich, las darin, und notirte sich die obscuresten Redensarten. Aus diesen stellte er ein Schreiben an den Vorsitzenden der Gesellschaft zusammen, das er selbst nicht verstand, und bat um Zulassung. Der Priester" — darunter ist der Prediger Wülfer gemeint — "diesen Brief lesend, meinte nicht anders, als der junge Leibnitz wäre ein wirklicher Adeptus, und introducirte ihn nicht allein in das Laboratorium, sondern bat ihn auch, vor eine gewisse Pension ihr Gehülfe und Sekretair zu sein. Er nahm dieses an. Sein Amt war, alle daselbst gemachten Processe zu registriren, und die berühmtesten Chymisten zu ihrem Gebrauche und nach ihrer Anleitung zu ercerpiren." Diese seltsame und zweideutige Beschäftigung hatte für Leibnitz den Nutzen, daß er früh genug zur Einsicht in die Eitelkeit und, unter Umständen, die Gefahr jener Selbsttäuschung eindrang, und im Leben Andere, selbst Fürsten, mit Erfolg warnen konnte, wie er in einem seiner Briefe an den Doctor Gottfried Thomasius, jüngern Bruder von Christian Thomasius, Arzt zu Nürnberg, vom Jahre 1691 gestand. "Mich, schreibt er, hat Nürnberg zuerst in chemische Studien eingeweiht, und es reut mich nicht, in der Jugend gelernt zu haben, was mir als Mann zur Vorsicht gereichen sollte. Denn in spätern Jahren wurde ich oft, weniger aus eignem Antriebe, als aus dem von Fürsten, bei denen ich Zutritt hatte, zu dergleichen Versuchen angeregt; ich blieb mit meiner Neugierde nicht zurück, doch nicht ohne durch Vorsicht sie zu mäßigen. Wie viele von mir sehr bekannte Personen sind daran gescheitert, in dem Augenblicke, da sie mit günstigstem Winde zu segeln glaubten." — Aus dieser Aeußerung scheint hervorzugehen, daß Leibnitz seine chemischen oder vielmehr alchymistischen Arbeiten in Nürnberg ernster betrieb und ansah, als aus dem Scherze über die Art, wie er sich in die geheime Gesellschaft Eingang verschafft, vermuthet werden möchte; dem auf seine Jugendverirrungen zurückschauenden Manne stand die Ironie wohl; bei der Jugend selbst dürfen wir sie noch nicht voraussetzen. Unter den Mitgliedern der Goldmacher-Gesellschaft befanden sich auch Seitenverwandte gleiches Namens mit ihm, der Senior Justus Jacob und dessen Sohn Johann Jacob Leibnitz. Letzerer kam in späteren Jahren als Prediger der deutschen Gemeinde nach Stockholm, und es sind Briefe von ihm an den großen [G. W.] Leibnitz in dessen Nachlaß erhalten, welche sich unter andern über die gemeinschaftliche Genealogie ihrer Familie verbreiten. In einem dieser Briefe vom Jahre 1703 lautet eine Erinnerung an ihr Zusammenleben in Nürnberg: "Je mehr Jahre ich zurücklege, Dero Ercellenz in meiner ersten Jugend umarmt zu haben, je größere Empfindlichkeit habe ich, niemalen, sonderlich in meiner letzten Tour nach diesem rauhen Nordpol, das Glück genießen zu können, einen so großen Freund zu sprechen, dem ich bei den Nürnberger Münzmeistern zu Nürnberg das letztemal aufgewartet." —

Ueber diese Beschäftigungen verging der Winter.

Im Frühjahr 1667 kam der Baron Johann Christian von Boineburg, der berühmte Staatsmann und einer der größten Gelehrten seiner Zeit, lange erster Minister des großen Kurfürsten von Mainz, Johann Philipp von Schönborn, damals aber, einige Jahre nach seinem Falle, in Frankfurt am Main, zurückgezogen und wissenschaftlicher Muße lebend, auf einer seiner häufigen Reisen durch Nürnberg. Leibnitz wurde ihm hier durch einen seiner Freunde unter den Alchymisten (Boineburg, wie die meisten Großen dieser Zeit, trieb auch ein wenig Chemie) vorgestellt, oder der Baron machte seine Bekanntschaft zufällig an der Tafel eines Gasthauses (darin weichen die Berichte von einander ab); aber diese Bekanntschaft entschied für seine Zukunft, ja für sein ganzes Leben. Boineburg war der Mann, die außerordentliche Begabung des ein und zwanzigjährigen Gelehrten, und die ungemeinen Hoffnungen, zu welchen er berechtigte, bei der ersten Zusammenkunft zu erkennen. Er sah, daß Leibnitz nicht auf seinem Platze war, und, um ihn in der Nähe zu haben, forderte er ihn auf, Nürnberg mit dem, schon durch seine Nachbarschaft von Mainz mehr versprechenden Frankfurt, des Barons damaligem Aufenthaltsorte, zu vertauschen. Dies that Leibnitz. Er verließ Nürnberg und ging nach Frankfurt, und dort richtete er sich noch ohne alle bestimmte Aussichten für die nächste Zukunft ein. Für den Umgang mit Gelehrten und Geschäftsmännern fand er hier wenigstens viel mehr als in Nürnberg seine Rechnung. Von jenen nenne ich nur den damals auch noch sehr jungen Prediger Philipp Jacob Spener, welcher ungefähr zur selben Zeit (1666) dorthin berufen worden war, und mit dem Leibnitz in nähere Verbindung kam. Wichtiger war jedoch, daß er jetzt zum erstenmale den Dunstkreis der europäischen Politik betrat.


Johann Daniel Crafft, ein Freund Leibniz' aus den Mainzer Tagen, schreibt am 29. Sep. 1691 aus Gotha:
"In der Stadt, wohin ich neulich M. h. H. geschrieben, findet sich jemand, der sehr große Dinge vorgibt, (doch gar nicht in der Stille) nämlich aus 4 ℔ ♄ 1 M. ☽, welche 1 L. ☉: halte. Die Unkosten auf so viel sollen sein aufs höchste 2 Reichstaler, die Zeit solches zu tun 4 Tage, vorher aber müssen Praeparatoria gemacht werden, welche 8 Tage erfordern. Aus 4 ℔ ╁ 4 L ☉ in gleicher Zeit, aber mit etwas mehr Kosten. Aus 1 qu. ☿ hat man mir 6 gran ☉ gezeigt. … Seither habe ich auch die Experimente, davon ich vor diesen etwas gemeldet, in originali zu Handen gebracht, M. h. H. solle solche zusehen, und H. Dr. Pratisius zu laborieren bekommen, und wenn derselbe curios ist, so kann ich ihm auch den ☿mae zu wege bringen, 3 quint. aus 7 ⁄ 4 ☽ae mit geringen Kosten und in kurzer Zeit."
(Quelle: AA III, 5, S. 189.)

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